Venezuela: Deutschen Unternehmen droht Totalverlust

REUTERS
BERLIN
Veröffentlicht 15.11.2017 00:00
Aktualisiert 15.11.2017 18:26
AFP Archivbild

Eine Staatspleite Venezuelas könnte deutschen Unternehmen teuer zu stehen kommen. "Die aktuellen Zahlungsschwierigkeiten versetzen die deutsche Wirtschaft in große Sorge", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Das gelte insbesondere für Firmen, die Waren und Dienstleistungen an den Opec-Staat oder seine Staatsunternehmen geliefert hätten.

"Viele von ihnen haben noch erhebliche Außenstände", sagte Treier. "Ihnen gegenüber ist das Land jetzt schon im Zahlungsverzug - zum Teil schon seit Jahren." Sei die Finanzlage tatsächlich so hoffnungslos wie es den Anschein habe, drohe ein Totalverlust. "Hinzu kommt, dass selbst bei einer unerwartet starken Erholung des Ölpreises die strukturellen Defizite der venezolanischen Wirtschaft ein Turnaround auf Jahre hinaus nahezu unmöglich macht", sagte Treier.

Venezuela steht im Ausland mit 150 Milliarden Dollar in der Kreide, davon allein der Staat mit 45 Milliarden und der staatliche Ölkonzern PDVSA noch einmal mit 45 Milliarden Dollar, so das International Institute of Finance. Erste Gespräche mit den Gläubigern über eine Umschuldung von rund 60 Milliarden Dollar brachten zu Wochenbeginn kein greifbares Ergebnis. Die US-Ratingagentur S&P erklärte für das Land einen punktuellen Zahlungsausfall (Selective Default), da es zuletzt fällige Zinszahlungen über 200 Millionen Dollar nicht geleistet hat.

Russland einigte sich dagegen nun auf einen bilateralen Umschuldungsdeal. Demnach wird Caracas in den kommenden zehn Jahren insgesamt 3,15 Milliarden Dollar nach Moskau überweisen, gab das russische Finanzministerium bekannt. In den ersten sechs Jahren seien die Rückzahlungen noch sehr gering. Venezuela hatte sich zuletzt 2011 Geld von Russland geliehen, aber seit 2016 wegen der schweren Wirtschaftskrise Schwierigkeiten, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Das Land ist auf Gedeih und Verderb von der Ölproduktion abhängig. Während des Ölbooms legte der linke Vorgänger von Präsident Nicolas Maduro, Hugo Chavez, großzügige Sozialprogramme auf und lieh Milliarden an der Wall Street. Doch dann rauschten ab 2014 die Ölpreise in den Keller. Die Ölindustrie leidet zudem unter einem gewaltigen Investitionsmangel, der die Förderung beeinträchtigt. Venezuela brachen die Einnahmen weg. Seit der Parlamentswahl 2015 steckt das Land in einer politischen Krise. Immer wieder kommt es zu Massenprotesten gegen Maduro, dem die Opposition Korruption und den Aufbau einer Diktatur vorwirft.

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