Nordkorea feuert wieder Rakete über Japan hinweg

AFP
SEOUL, Südkorea
Veröffentlicht 15.09.2017 00:00
Aktualisiert 16.09.2017 17:32
AFP

Wenige Tage nach der Ausweitung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea hat das Land erneut eine Rakete getestet. Das Geschoss überflog am Freitagmorgen (Ortszeit) die nordjapanische Insel Hokkaido und stürzte in den Pazifik, wie die Regierung in Tokio mitteilte. Das US-Militär bestätigte, dass es sich bei dem Geschoss um eine Mittelstreckenrakete handelte. Die US-Regierung rief Russland und China auf, ihren Einfluss auf Nordkorea geltend zu machen.

Ein Regierungssprecher in Tokio verurteilte den Raketentest auf das Schärfste: Japan könne "diese wiederholten extremen Provokationen niemals tolerieren". Erst Ende August hatte Nordkorea eine Mittelstreckenrakete über Japan hinweg abgefeuert. Die Rakete habe Hokkaido um 07.06 Uhr Ortszeit (00.06 Uhr MESZ) in Richtung Pazifik überflogen, teilte das japanische Raketenwarnsystem mit. Berichten zufolge stürzte die Rakete 2000 Kilometer östlich von Hokkaido ins Meer.

Laut dem südkoreanischen Verteidigungsministerium wurde die Rakete in der Nähe des Flughafens der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang abgefeuert. Sie sei vermutlich rund 3700 Kilometer weit und bis zu 770 Kilometer hoch geflogen - und damit höher und weiter als die vorherige Rakete. Südkoreas Präsident Moon Jae In berief in Seoul eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrats ein. Auf Antrag der USA und Japans wurde der UN-Sicherheitsrat für Freitag (21.00 Uhr MESZ) zu einer Dringlichkeitssitzung einbestellt.

Das Pazifikkommando der US-Streitkräfte erklärte, die getestete Mittelstreckenrakete habe keine Bedrohung für Nordamerika oder das US-Territorium Guam im Pazifischen Ozean dargestellt. Nordkorea hatte gedroht, Guam anzugreifen. Der japanische Verteidigungsminister Itsunori Onodera sagte, man könne nicht Nordkoreas Ziele kennen, aber es sei zu vermuten, dass Pjöngang mit dem Test "Guam im Kopf hatte".

US-Außenminister Rex Tillerson verurteilte das Vorgehen Pjöngjangs. "Diese anhaltenden Provokationen vertiefen nur die diplomatische und wirtschaftliche Isolation Nordkoreas", erklärte er. Tillerson forderte Russland und China auf, ihren Einfluss auf Nordkorea zu nutzen. "China liefert das meiste Öl nach Nordkorea. Russland ist der größte Arbeitgeber von nordkoreanischen Zwangsarbeitern", erklärte Tillerson. Peking und Moskau müssten durch "eigenes direktes Handeln" deutlich machen, dass sie diese "rücksichtslosen Raketentests" nicht tolerieren.

Über die erst zu Wochenbeginn verabschiedeten neuen UN-Sanktionen gegen Nordkorea sagte Tillerson, diese seien "der Boden, nicht die Obergrenze dessen, was wir tun sollten". "Wir rufen alle Staaten auf, neue Maßnahmen gegen das Kim-Regime zu ergreifen".

Als Reaktion auf den sechsten und bisher gewaltigsten Atomwaffentest Nordkoreas von Anfang September hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Montag ein achtes Sanktionspaket gegen die Regierung in Pjöngjang beschlossen. Dieses beinhaltet unter anderem ein Verbot von Textilimporten aus Nordkorea, ein Gasembargo sowie Beschränkungen bei Öllieferungen. Die Resolution war von den USA eingebracht worden, die zunächst aber deutlich härtere Maßnahmen verlangt hatten.

Nordkorea hatte am 3. September nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe getestet, die klein genug sei, um eine Interkontinentalrakete damit zu bestücken. Nach japanischen Angaben hatte die Wasserstoffbombe eine Sprengkraft von 160 Kilotonnen - mehr als zehnmal so viel wie die Atombombe, welche die US-Streitkräfte 1945 über Hiroshima abwarfen.

US-Experten gehen davon aus, dass es sich bei dem Geschoss tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte. Die Zeitschrift "Defense News" zitierte den General John Hyten vom Strategischen Kommando der US-Streitkräfte mit den Worten, die Größe der Waffe bedeute, "dass es eindeutig eine zweite Explosion gab". Dies sei "die Definition" einer Wasserstoffbombe.

Die Europäische Union verschärfte am Donnerstag ihre Strafmaßnahmen gegen Nordkorea, indem sie eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrats von Anfang August umsetzte. Zugleich beschlossen die EU-Mitgliedstaaten, auch die vom UN-Sicherheitsrat am 11. September beschlossenen zusätzlichen Sanktionen rasch umzusetzen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten der EU nordkoreanischen Staatsangehörigen in ihrem Hoheitsgebiet keine Arbeitserlaubnis mehr erteilen.

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