Heilbronn: Gedenkfeier für NSU-Opfer Michèle Kiesewetter

AFP
HEILBRONN
Veröffentlicht 25.04.2017 00:00
Aktualisiert 25.04.2017 17:07
DPA, (rechts oben: Michèle Kiesewetter)

Mit einer Gedenkfeier und Kranzniederlegungen ist in Heilbronn an die vor zehn Jahren vom rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter erinnert worden. Der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) sprach am Dienstag von einer "offenen Wunde" für die Stadt. Auch wenn die Tat dem NSU zugeschrieben werde, seien längst nicht alle Fragen zu den Hintergründen beantwortet.

Die damals 22-jährige Kiesewetter war am 25. April 2007 während einer Streifenfahrt erschossen worden, ein Kollege wurde durch Schüsse lebensgefährlich verletzt. Die Tat wird dem NSU zugerechnet, der auch neun Migranten tötete.

An der nichtöffentlichen Veranstaltung im Rathaus nahmen nach Angaben der Stadtverwaltung rund hundert Gäste aus ganz Deutschland teil, darunter Angehörige der anderen NSU-Opfer, Polizisten sowie Mitglieder der NSU-Untersuchungsausschüsse des Bundestags und des Stuttgarter Landtags. Anschließend versammelten sich zahlreiche Menschen am damaligen Tatort auf der Heilbronner Theresienwiese zu einem öffentlichen Gedenken und einer Schweigeminute. Zahlreiche Kränze wurden niedergelegt.

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des NSU, Barbara John, verwies auch auf die Bedeutung, die die gemeinsamen Treffen der Hinterbliebenenfamilien der NSU-Opfer hätten. Die Besuche an den Tatorten der Verbrechen seien schmerzlich. Sie seien aber "auch ein Zeichen des Muts und der Entschlossenheit der Hinterbliebenen, ihr Leben nicht vom erlittenen Trauma bestimmen zu lassen, trotz aller Widrigkeiten".

Der stellvertretende baden-württembergische Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl (CDU) äußerte sein Mitgefühl mit den Angehörigen der NSU-Opfer, "denen unendlich schreckliches Leid zugefügt und zugemutet wurde".

Das einzig überlebende mutmaßliche NSU-Mitglied, Beate Zschäpe, steht nach wie vor in München vor Gericht. Vor zwei Jahren sagte sie in dem Prozess zum Motiv für den Mord an Kiesewetter aus, dass die beiden mutmaßlichen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt an die Dienstpistolen der Polizisten hätten gelangen wollen. Die Waffen wurden später in dem Wohnmobil gefunden, in dem sich Mundlos und Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall im November 2011 in Eisenach das Leben nahmen.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte unterdessen, allen NSU-Opfern die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. "Es ist richtig, dass an den Mord an Michèle Kiesewetter erinnert wird, man sollte aber den anderen Opfern genauso viel Aufmerksamkeit zukommen lassen", sagte der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" vom Mittwoch laut einer Vorabmeldung.

Gerade bei den Angehörigen und Freunden der acht türkischstämmigen Opfer sei durch die Ermittlungspannen viel Vertrauen verspielt worden, das nun zurückgewonnen werden müsse. Zugleich äußerte Sofuoglu wenig Hoffnung, dass die Hintergründe der NSU-Mordserie noch vollständig aufgeklärt werden.

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