Ehe für alle: Beschluss könnte noch diese Woche kommen

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 27.06.2017 00:00
Aktualisiert 27.06.2017 16:00
DPA

Der Bundestag soll nach dem Willen der SPD noch in dieser Woche die Ehe für alle beschließen: Die SPD kündigte am Dienstag einen entsprechenden Vorstoß an, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Frage einen Kurswechsel eingeleitet hatte. Die Union wollte die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare eigentlich nicht mehr vor der Bundestagswahl zum Thema im Bundestag machen.

Die unerwartete Dynamik in der Debatte hatte CDU-Chefin Merkel am Montagabend ausgelöst: Bei einer Interviewveranstaltung stellte sie auf eine Frage aus dem Publikum in Aussicht, eine Abstimmung über die Homoehe zu einer "Gewissensentscheidung" zu machen. Damit wären die Abgeordneten nicht der sogenannten Fraktionsdisziplin unterworfen. Bislang lehnte die Union die Homoehe ab.

Der Vorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union (LSU), Alexander Vogt, begrüßte Merkels Äußerungen als "Paradigmenwechsel". "Jetzt gibt es kein Zurück mehr", sagte der LSU-Bundeschef der Nachrichtenagentur AFP.

Der Koalitionspartner SPD sieht nun die Chance, ein Bundestagsvotum noch in den kommenden Tagen und somit vor der parlamentarischen Sommerpause auf die Tagesordnung zu setzen. "Wir nehmen sie jetzt beim Wort", sagte SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz an Merkel gerichtet. Die Abstimmung wird "diese Woche passieren", kündigte Fraktionschef Thomas Oppermann an.

Bis einschließlich Freitag finden die letzten Bundestagssitzungen vor der Bundestagswahl am 24. September statt. Die SPD stellte klar, dass sie zwar mit der Union an einem Strang ziehen würde - das Votum aber im Zweifel auch ohne den Koalitionspartner durchsetzen will.

Eine Mehrheit für die Gleichstellung von homosexuellen Paaren etwa auch bei der Adoption gilt als sehr wahrscheinlich, auch die Oppositionsparteien Linke und Grüne unterstützen das Vorhaben. "Wer wirklich Gleichheit will, macht jetzt den Weg frei für die Abstimmung über die Ehe für alle", sagte die Grünen-Politikerin Renate Künast AFP.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger. Er warf Merkel zudem politisches Taktieren vor: "Es ist überraschend, wie weltoffen sich die Kanzlerin in Zeiten des Wahlkampfs gibt", sagte Riexinger AFP. SPD, Grüne und FDP hatten die Ehe für alle kürzlich zur Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung nach der Bundestagswahl gemacht.

Zur Ehe für alle liegen Gesetzesentwürfe von Grünen, Linken sowie ein vom Bundesrat verabschiedeter Initiativantrag von Rheinland-Pfalz vor, den die Sozialdemokraten nun auf die Tagesordnung setzen wollen. "Und dann muss die Union sich entscheiden, ob sie ihrer Kanzlerin folgt", sagte Schulz.

Dass es bereits diese Woche zu einem Votum kommen könnte, hatte Merkel vermutlich nicht beabsichtigt. Eigentlich sei mit der SPD vereinbart worden, dass es in dieser Legislaturperiode keine Abstimmung mehr gebe, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU). Er plädierte mit Verweis auf verfassungsrechtliche Fragen dafür, nach der Bundestagswahl eine "seriöse Lösung" zu finden.

Doch Merkel hat die Union mit ihren Äußerungen in eine schwierige Lage manövriert. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die Union werde mit einer Abstimmung über die Ehe für alle "demokratisch umgehen". Einen Koalitionsbruch wollte sie der SPD nicht androhen.

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