Bundespräsident Steinmeier verteidigt Hamburger Polizei

DPA
HAMBURG
Veröffentlicht 10.07.2017 00:00
Aktualisiert 10.07.2017 16:34
EPA

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Auswahl Hamburgs als G20-Standort trotz der Krawalle mit Hunderten Verletzten vehement verteidigt.

Ihn mache besorgt, «dass allzu viele den scheinbar leichten Ausweg gehen wollen und sagen: Warum müssen denn solche Konferenzen eigentlich in Deutschland stattfinden?», sagte er heute beim Besuch bei Einsatzkräften und Betroffenen mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der frühere SPD-Außenminister stellte sich damit mitten im Wahlkampf gegen SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD).

Der wegen der Ausschreitungen mit fast 500 verletzten Beamten und hohem Sachschaden unter Druck stehende Scholz sprach von einem «helfenhaften Einsatz» der Sicherheitskräfte. Er wies jede Kritik an der Polizeitaktik zurück. Steinmeier und Scholz trafen Anwohner in einer Polizeistation am Rande des von den Krawallen am meisten betroffenen Stadtviertels.

Schulz und Gabriel hatten sich kurz vor dem Gipfel der großen Wirtschaftsmächte in Hamburg an die Spitze jener Kritiker gesetzt, die gegen die Ausrichtung teurer Welt-Gipfel mit Zehntausenden Polizisten, Demonstranten und Verkehrschaos sind. Stattdessen sollten die G20-Treffen künftig regelmäßig in Hauptquartier der Vereinten Nationen (UN) in New York stattfinden, forderten beide. Das würde Millionen sparen und auch die UN symbolisch aufwerten.

Der Bundespräsident sagte nun, ihm sei die Diskussion über eine Auslagerung solcher Gipfel weg von Deutschland «zu einfach». Er ergänzte: «Wenn ein demokratisch gefestigtes Land wie Deutschland sich nicht mehr in der Lage sieht, internationale Gäste einzuladen, Konferenzen wie diese auszurichten, dann gerät mehr in Gefahr als nur eine einzelne Konferenz. Dann überlassen wir im Grunde genommen die Entscheidung und die Auswahl, was hier in Deutschland stattfindet, einigen wenigen brutalen Gewalttätern.» Es gehöre auch demokratisches Selbstbewusstsein dazu, «dass wir sagen: Ja, so etwas muss in einem Lande wie Deutschland stattfinden können.»

Große Konferenzen wie die G20-Runde erreichten zwar vielleicht nicht immer das Notwendige, sagte Steinmeier. «Aber wie anders als durch das Gespräch derjenigen, die Entscheidungsgewalt haben, soll es denn überhaupt Fortschritte geben» bei strittigen Themen wie etwa dem Klimaschutz. Gerade jene, die Fortschritte forderten, müssten doch Verständnis dafür haben, dass es solche Konferenzen geben müsse.

Er habe in vielen Jahren als Außenminister erlebt, «dass diejenigen, mit denen wir reden müssen, oft nicht diejenigen sind, die allergrößte Sympathiewerte» hätten, sagte Steinmeier. Das ändere aber nichts daran, dass es gerade bei großen Problemen wie etwa der Syrien-Krise Orte geben müsse, an denen man über solch schwierige Themen Gespräche führe.

Auf die Frage, ob die Sicherheitslage beim G20-Treffen unterschätzt worden sei, sagte Steinmeier, in den Medien sei vor der Konferenz gewarnt worden, «dass Hamburg eine Chance auslässt, wenn hier nicht ein großes, internationales Volksfest gefeiert wird». Zudem habe es geheißen, die Stadt schotte sich viel zu sehr durch übertriebene Sicherheitsmaßnahmen ab. Deshalb solle man «jetzt auch mit Maß und Erinnerung an das, was vor dem G20-Gipfel gesagt und geschrieben wurde, an die Beurteilung im Nachhinein herangehen».

Steinmeier und Scholz besuchten schwerer verletzte Einsatzkräfte im Hamburger Bundeswehrkrankenhaus. «Ein solches Ausmaß an Gewalt haben wir auf Demonstrationen in den letzten Jahren in Deutschland nicht erlebt», sagte der Bundespräsident anschließend. Einige Demonstranten seien mit maßloser Zerstörungswut vorgegangen. Er sei schockiert und fassungslos.

Scholz sagte beim gemeinsamen Auftritt mit Steinmeier, die Polizei habe «alles richtig gemacht und einen heldenhaften Einsatz zustande gebracht». Angesichts angezündeter Autos, beschädigter Häuser und geplünderter Läden fügte er hinzu: «Das alles darf nicht stattfinden. Das ist unverzeihlich und unvertretbar.» Er hoffe sehr, dass einige Täter «sehr hohe Haftstrafen» kassieren würden. Sie seien mit unvorstellbarer Brutalität vorgegangen. Gemeinsam mit dem Bund werde die Stadt alles für eine schnelle Entschädigung der Betroffenen tun.

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