Mazyek: Muslime werden in der BRD instrumentalisiert, ausgegrenzt und diskriminiert

DAILY SABAH
ISTANBUL
Veröffentlicht 24.08.2017 00:00
Aktualisiert 24.08.2017 13:03
DPA

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, forderte von der deutschen Gesellschaft und Politik einen toleranteren Umgang mit Muslimen. Er kritisierte deren Instrumentalisierung für den Wahlkampf und betonte die Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt – vor allem für Frauen mit Kopftüchern.

Beim Interview mit der schweizerischen „Luzerner Zeitung" beklagt er in der Hinsicht auch die ausgrenzende Rhetorik des Innenministers de Maizière. Den Spruch „Wir sind nicht Burka" wertet er als einen Schritt, mehr Aufmerksamkeit beim Wahlkampf zu erlangen. „Wir haben keine Burka-Trägerinnen in Deutschland, nicht eine Einzige. Nikab-Trägerinnen haben wir, wenn es hoch kommt, 100 im ganzen Land. Ein Grossteil der Nikab-Trägerinnen, die man in der Öffentlichkeit sieht, sind zahlungskräftige Touristinnen aus dem arabischen Raum, sie leben also nicht mal in unserem Land. Deshalb ist das eine reine Symbolpolitik." Ein Burka-Verbot gehe an der Sache vorbei.

Soziale Konflikte würden von „einigen islamisiert" und „der Glaube oft polarisiert" - die Diskussionen würden dann „auf dem Rücken der Muslime ausgetragen".

Die Diskriminierungen gegen muslimische Frauen müsse beendet werden. Viele hätten in Deutschland studiert, und seien gut ausgebildet – man würde sie aber dennoch immer öfter abweisen. Man solle nicht über das Kopftuch reden, sondern die Frau als Menschen betrachten, als eine Frau, die in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Die gegenwärtigen Diskriminierungen führten „faktisch zu einem Berufsverbot für die muslimische Frau".

„Wir dulden eine Frau mit Kopftuch bei der Arbeit, wenn sie sich als Reinigungskraft betätigt. Sobald sie aber verantwortungsvollere Posten bekleidet, wollen wir das Kopftuch nicht mehr tolerieren. Das finde ich peinlich und beschämend. Wir müssen lernen, dass in unserer säkularen demokratischen Gesellschaft Religiöse und Nichtreligiöse zusammenleben. Das bedeutet, dass man immer wieder Zumutbarkeiten aushalten muss", so Mazyek.

In diesem Sinne kritisierte er die fehlende Toleranz der Gesellschaft gegenüber religiösen Diversitäten, die seiner Meinung nach zu einem „gesellschaftlichen Einheitsbrei" führe. Religion und Emanzipation der Frau stünden nicht im Widerspruch zueinander: „Und wenn eine Muslimin Kopftuch oder ein Christ ein grosses Kreuz tragen möchte, dann kann dies auch eine Frau, die zeitlebens für Emanzipation gekämpft hat, tolerieren – sie muss das Tragen des Kopftuches ja nicht goutieren, aber sie soll der Muslimin nicht vorschreiben, wie sie zu leben und was sie anzukleiden hat, denn das wäre doch Verrat an der Emanzipation."

Die geschürte Angst vor dem Islam würde in Deutschland lediglich populistische Parteien stärken. Die AfD habe „vorhandenen Ressentiments nur am geschicktesten von allen aufgegriffen". Bei vielen Anschlägen würden Muslime ein Generalverdacht ausgesprochen. Eine Distanzierung der Muslime würde suggerieren, dass es vorher eine Nähe gegeben habe. Darüber hinaus arbeite man in den Gemeinden bereits aktiv gegen Radikalisierungen. „Viele Muslime sind müde von der Diskussion, weil sie durch ihren Beruf, durch ihre Tätigkeit und ihre Engagements in der Freizeit schon tägliche Statements für die Gesellschaft abgeben. Und trotzdem geraten sie immer wieder unter Generalverdacht."

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