Doppelstandard in Deutschland: 2 mutmaßliche Leaker verhaftet – Can Dündar weiterhin gefeiert und geehrt

DAILY SABAH MIT ANADOLU AGENTUR
ISTANBUL
Veröffentlicht 31.01.2018 00:00
Aktualisiert 06.12.2018 12:13
AFP

In Deutschland sind kürzlich zwei deutsche Staatsangehörige verhaftet worden, die in Sprengstofffabriken und deutschen Rüstungsunternehmen tätig gewesen waren. Diese stehen, so die Erklärung des Staatsanwalts, unter „dringenden Verdachts des Offenbarens von Staatsgeheimnissen" - was folgte, war die Festnahme.

Indes wird der flüchtige türkischen Staatsbürger Can Dündar, der von den türkischen Behörden wegen Spionage und Missbrauch von Staatsgeheimnissen gesucht wird, immer noch in der Bundesrepublik beherbergt – und mit Preisen ausgezeichnet.

Laut der Nachrichtenagentur Anadolu, die ihren Bericht auf die Erklärung der Staatsanwaltschaft in Rheinlandpfalz stützt, handelt es sich bei den Verdächtigen um Thomas M. (54) und Martin M. (59) – letztere hätte eine leitende Position in einem süddeutschen Rüstungsunternehmen inne gehabt und beide seien sich nicht fremd.

Thomas M. soll „im Besitz eines Dokuments mit dem Geheimhaltungsgrad ,Geheim´" gewesen sein, dieser habe „einen Entwurf von Teilen des Haushaltsplans für das Bundesministerium der Verteidigung" beinhaltet. Diese Informationen würden gesetzlich als „Staatsgeheimnis" eingestuft.

Er habe dann, so der Vorwurf, Kopien davon im Jahr 2016 an Martin M. weitergegeben. Dieser hätte die Kopien dann seine Mitarbeiter sowie an seinen Vorgesetzten verteilt. Wie Thomas M. in Besitz der Unterlagen gekommen ist, sei nicht bekannt.

Anhand dieser Vorwürfe hätte der Nachrichtendienst (BND) eine Untersuchung einleiten und die Wohnungen der beiden Verdächtigen durchsuchen lassen. Sowohl Martin M. als auch Thomas M. wurden daraufhin am 26. Januar festgenommen.

Türkische Diplomatenkreise kritisierten unterdessen den Doppelstandard, der von den deutschen Behörden gefahren werde. Man vermisse die gleiche Sensibilität gegenüber Personen, die in der Türkei unter den gleichen Vorwürfen angeklagt seien. Stattdessen begegne man jenen Personen mit Gastfreundschaft. Gemeint war hier der Ex-Chefredakteur der Tageszeitung „Cumhuriyet", Can Dündar, dem in Deutschland breite Sympathie entgegengebracht wird.

Dündar hatte in der Türkei bei einem bekannten Spionagefall im Jahr 2014 von sich reden lassen. Damals war ein LKW mit Hilfslieferungen vom „Nationalen Nachrichtendiensts" (MIT) an die Turkmenen in der Region Bayırbucak im nordsyrischen Latakia geschickt worden. Der LKW wurde jedoch bereits in der Provinz Adana von FETÖ-nahen Polizeibeamten gestoppt. Jene Aufnahmen wurden dann von Can Dündar illegalerweise veröffentlicht – sie schadeten dem Ansehen der Türkei und verursachten weitreichende Spekulationen über den türkischen Einfluss im syrischen Krisengebiet.

Can Dündar war ein Jahr später, am 26. November 2015, zusammen mit dem Leiter des Ankara-Büros von Cumhuriyet, Erdem Gül, zunächst verhaftet worden – dann aber am 9. März 2016, nach einer umstrittenen Entscheidung, wieder freigelassen.

Dündar, der anschließend im Juli 2016 aus der Türkei nach Deutschland geflohen war - während er auf das Berufungsurteil wartete - wurde von der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo im selben Jahr mit einer Auszeichnung geehrt.

Im September 2017 hat die Staatsanwaltschaft in der südöstlichen Provinz Diyarbakır erneut ein Haftbefehl gegen Dündar eingeleitet. Grund dafür war eine Konferenz am 24. April 2016 im Bezirk Bağlar in Diyarbakır, wo er Propaganda für die Terrororganisation PKK betrieben haben soll – die Türkei forderte daraufhin von der Bundesrepublik seine Auslieferung.

Ankara beschuldigt Berlin schon seit langem, nicht entschieden genug gegen Verdächtige und Akteure der Terrororganisation PKK, der Gülenisten Terrorgruppe (FETÖ) sowie der „Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) vorzugehen.

Laut Präsident Recep Tayyip Erdoğan sind den deutschen Behörden hierzu mehr als 4.500 Akten mit Hinweisen zu mutmaßlichen Verdächtigen eingereicht worden – bis lang hat dies jedoch nicht viel gebracht.

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