NSU-Prozess: Pflichtverteidiger fordern sofortige Freilassung Zschäpes

DPA
MÜNCHEN
Veröffentlicht 05.06.2018 00:00
Aktualisiert 05.06.2018 13:04
AP

Die drei ursprünglichen Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe fordern die sofortige Freilassung der mutmaßlichen Rechtsterroristin.

Die heute 43-Jährige sei von den angeklagten Morden und Anschlägen freizusprechen und könne lediglich wegen einfacher Brandstiftung verurteilt werden, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Heer in seinem Plädoyer im Münchner NSU-Prozess.

Fünf Jahre nach Beginn des NSU-Prozesses vor dem Oberlandesgericht (OLG) München ist das Ende zum Greifen nahe.

Am Vormittag begannen die drei ursprünglichen Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm mit ihrem Plädoyer. Sie sind die einzigen Prozessbeteiligten, deren Schlussvorträge noch ausstehen. Alle anderen haben bereits plädiert. Dem Vernehmen nach werden die drei Verteidiger für ihr Plädoyer mehrere Tage benötigen.

Zschäpe ist wegen Mittäterschaft an sämtlichen Verbrechen des «Nationalsozialistischen Untergrunds» angeklagt, wozu vor allem die neun rassistisch motivierten «Ceska»-Morde und die Ermordung der Heilbronner Polizistin Michele Kiesewetter zählen.

Heer, Stahl und Sturm verteidigen Zschäpe seit Beginn des Verfahrens. Seit bald drei Jahren üben sie ihr Mandat allerdings gegen ihren Willen aus. Nach einem Zerwürfnis mit Zschäpe hatten sie vergeblich ihre Entpflichtung beantragt. Auch die 43-Jährige forderte ihrerseits mehrfach die Entlassung der drei Anwälte, ebenfalls vergeblich. Seitdem gibt es zwischen Zschäpe und den drei Verteidigern keine - jedenfalls für Außenstehende wahrnehmbare - Kommunikation mehr.

Das Gericht hatte das Verteidigerproblem damit gelöst, dass es den Münchner Rechtsanwalt Mathias Grasel als vierten Pflichtverteidiger ins Verfahren holte. Zusätzlich lässt sich Zschäpe von Rechtsanwalt Hermann Borchert vertreten, den der Senat nicht als Pflichtverteidiger berief und der damit nicht vom Staat bezahlt wird.

Borchert und Grasel haben in ihren Plädoyers Zweifel am Schuldvorwurf der Mittäterschaft Zschäpes geltend gemacht und eine Haftstrafe von höchstens zehn Jahren für angemessen erklärt. Die Bundesanwaltschaft hatte dagegen lebenslange Haft gefordert.

Nach den Plädoyers von Heer, Stahl und Sturm ist das Programm des NSU-Prozesses abgeschlossen. Danach gibt es nur noch die Schlussworte der Angeklagten - neben Zschäpe vier mutmaßliche rechtsextreme Terrorhelfer. Danach folgt das Urteil.

Allerdings haben die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben mehrere Beweisanträge in ihre Plädoyers eingebettet. Offen ist, ob der OLG-Senat darauf noch gesondert eingeht. Sollten die Richter den Anträgen nicht folgen, können sie das auch bei der Urteilsverkündung bekanntgeben.

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