Rassismusdebatte: Politiker und DFB zeigen kaum Solidarität mit Özil

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 24.07.2018 00:00
Aktualisiert 24.07.2018 22:37
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In der Debatte um den Rücktritt von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft stehen der Fußballer ebenso wie der DFB weiterhin in der Kritik. Mehrere Politiker warfen dem türkischstämmigen Sportler am Dienstag vor, es sich mit seiner Rückzugserklärung aus der deutschen Elf zu einfach gemacht zu haben. Die Grünen sehen Fehler besonders beim Deutschen Fußball-Bund und seinem Präsidenten Reinhard Grindel.

Die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, Dagmar Freitag (SPD), bemängelte die Art und Weise, in der Özil seinen von Rassismus-Vorwürfen begleiteten Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärte. Sie finde es "schwierig", dass sich Özil erst so spät und dann über den Kurzbotschaftendienst Twitter geäußert habe, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. "Vielleicht hätte er sich eher und offener äußern sollen, dann hätte man diskutieren können."

Özil hatte am Sonntag eine lange, mehrteilige Erklärung getwittert, in der er seinen Rücktritt als Spieler der deutschen Nationalmannschaft erklärte. Darin äußerte sich der 29-Jährige erstmals zu seinem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im Mai, an dem auch Nationalspieler Ilkay Gündoğan teilgenommen hatte. Er habe keine politischen Absichten verfolgt, schrieb Özil. Er habe damit vielmehr "das höchste Amt im Land meiner Familie respektiert". Im Mittelpunkt des Treffens habe der Fußball gestanden.

Die Vizevorsitzende der Linken-Fraktion, Sevim Dağdelen, kritisierte, dass die "beschworene Verpflichtung gegenüber der Herkunft der Eltern nicht einmal jetzt dazu führt", dass Özil auch nur ein Wort über die Inhaftierung von deutschen Staatsbürgern in der Türkei verliere. Das sei "ein Schlag ins Gesicht der unzähligen politisch Verfolgten in der Türkei", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" und der "Augsburger Allgemeinen". Damit bezog auch sie keine deutliche Stellung gegenüber rassistischen und islamophoben Tendenzen in der deutschen Gesellschaft.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), warf Özil vor, es sich damit "zu einfach" zu machen. "Die Repräsentation unseres Landes im Nationaltrikot hat auch eine politische Dimension", sagte Middelberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Foto mit Erdoğan sei "mitnichten eine Privatsache" und auch "keine unpolitische Petitesse". Damit bezog auch er eine deutliche Position gegen Özil.

Der geborene Gelsenkirchener Özil prangerte in seiner Erklärung zudem einen weit verbreiteten Rassismus gegen ihn als Deutschtürken an und erhob insbesondere schwere Vorwürfe gegen den DFB und seinen Präsidenten Grindel. Der Verband wies die Vorwürfe zurück.

Die Grünen werfen dem DFB massive Fehler vor. Der Verband habe es nicht geschafft, Özil und Gündoğan "irgendwie wieder zu integrieren in die Familie der fußballspielenden Deutschen", sagte Grünen-Chef Robert Habeck dem Sender MDR Aktuell. Auch sei es dem DFB nicht gelungen, den "teilweise offenen Rassismus gegen diese beiden Spieler zu stoppen". Wenn Grindel sich nicht erkläre und entschuldige, "dann ist er der falsche Präsident, dann muss er den Stuhl freimachen", forderte Habeck.

Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte unabhängig vom Fall Özil ein entschlossenes Eintreten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. "Da haben wir leider noch viel zu tun", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten bleibt beschämend hoch."

Rückendeckung bekam Özil von dem brasilianischen Schriftsteller und Bestsellerautor Paulo Coelho. „Egal was sie sagen mögen, Du wirst immer ein Gewinner sein (...)" schrieb er auf Twitter und teilte zugleich die drei Statements vom Ex-Nationalspieler.

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