Schlechtere Bedingungen für Pfleger mit Migrationshintergrund

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 07.08.2018 00:00
Aktualisiert 08.08.2018 12:23
DPA

Pflegekräfte mit Migrationshintergrund in Deutschland haben häufiger mit schlechten Arbeitsbedingungen zu kämpfen als ihre einheimischen Kollegen. Dies ist das Ergebnis einer am Dienstag von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichten Studie. Demnach machen 41 Prozent der Migranten unbezahlte Überstunden, bei den Einheimischen sind es hingegen nur 18 Prozent.

Häufig körperlich erschöpft sind 88 Prozent der Pflegekräfte mit Migrationshintergrund, bei den anderen sind es 64 Prozent. Zudem erfahren Migranten weniger Wertschätzung von den Familien und Vorgesetzten. Von ausländerfeindlichen Kommentaren sind der Studie zufolge 15 Prozent betroffen.

Laut der Untersuchung verrichten 31 Prozent der Pflegekräfte mit Migrationshintergrund täglich Reinigungstätigkeiten in den Heimen, während es bei den Einheimischen nur 14 Prozent sind. "Der Einfluss des Migrationsstatus ist besonders stark ausgeprägt für Pflegekräfte ohne qualifizierte Pflegeausbildung", heißt es weiter. In dieser Gruppe reinigten 50 Prozent der Pflegekräfte mit Migrationshintergrund täglich Zimmer.

Unabhängig vom Qualifikationsniveau berichteten 14 Prozent der Pflegekräfte mit Migrationshintergrund über tägliche Besprechungen mit den direkten Vorgesetzten, während es bei den Beschäftigten ohne Migrationshintergrund 37 Prozent waren. "Das hat durchaus auch mit Rassismus und Vorurteilen zu tun", sagte Studienautorin Hildegard Theobald der "Süddeutschen Zeitung", die zunächst über die Untersuchung berichtet hatte.

Die Professorin der Universität Vechta hatte identische Untersuchungen in Schweden, Japan und weiteren Ländern angestellt. Die besondere Härte für Pfleger mit Migrationshintergrund sei vor allem ein deutsches Problem, sagt sie. Zeitdruck, Erschöpfung und prekäre Arbeitsverhältnisse seien zwar unter den Pflegekräften in allen drei Ländern verbreitet, heißt es in der Studie. Schweden tue sich aber immerhin durch eine umfassende Qualifizierungsstrategie hervor.

Eine deutsch-polnische Wissenschaftseinrichtung der Universitäten Cottbus und Breslau befasste sich derweil speziell mit der Situation ostdeutscher Pflegekräfte in Deutschland. Der Markt für deren Vermittlung benötige gesetzliche Rahmenbedingungen, heißt es in einer am Dienstag vorgelegten Analyse. "Eine weitere Tabuisierung, Nichtbeachtung und Kriminalisierung bestraft vorrangig pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige, die um eine bestmögliche Lösung bemüht sind."

Die teilweise illegalen Beschäftigungsverhältnisse müssten zwingend legalisiert werden. Denn die deutsche Pflegelandschaft könne auf die Arbeitskräfte aus Polen, Bulgarien oder Rumänien nicht verzichten. Hier gelte es, Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen. Durch ausgebildete Pflegefachkräfte ließe sich der Bedarf niemals decken.

Einer aus dem vergangenen Jahr stammenden Studie zufolge beschäftigt knapp jeder zehnte Pflegehaushalt in Deutschland eine zumeist aus Osteuropa stammende Hilfskraft, die häufig mit im Haushalt lebt.

Die Linke äußerte grundsätzliche Kritik an der Vermittlung osteuropäischer Pflegekräfte. "Wie desaströs der Zustand der Pflege in Deutschland ist, zeigt die Tatsache, dass es da einen 'Markt für osteuropäische Pflegehilfen' gibt, den die deutsche Gesundheitspolitik bis heute schlichtweg ignoriert", erklärte Parteichef Bernd Riexinger.

"Die Gesundheit vieler Menschen wird zum profitablen Geschäft, für einige." Weil die Bundesregierung das Problem nicht selbst in den Griff bekomme, schaue sie weg, wenn "schmierige Vermittler" in Deutschland osteuropäische Pflegekräfte zu Dumping-Preisen unterbrächten.

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