Trauer in Großbritannien nach Mord an Labour-Abgeordnete

DPA
LONDON
Veröffentlicht 17.06.2016 00:00
Aktualisiert 17.06.2016 17:46
Foto: Reuters
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Großbritannien trägt Trauer: Nach der Ermordung der Labour-Abgeordneten Jo Cox werden die Flaggen vor dem Regierungsgebäude in London am Freitag auf Halbmast gesetzt, um der Politikerin zu gedenken.

Vor dem Westminster-Palast legten in der Nacht Hunderte Menschen Blumen ab und zündeten Kerzen an. Die Abgeordnete der sozialdemokratischen Labour-Partei und Brexit-Gegnerin war in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire auf offener Straße niedergestochen und niedergeschossen worden. Die Tat ereignete sich nur wenige Tage vor der Brexit-Abstimmung, bei der die Briten am 23. Juni über Verbleib oder Austritt aus der EU entscheiden.

Ob die Tat im Zusammenhang mit der Brexit-Diskussion steht, war noch unklar. Nach britischen Medienberichten, die sich auf Augenzeugen beriefen, soll der Täter die Worte «Britain First» gerufen haben, als er festgenommen wurde. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht. Im Wortsinn bedeuten die Worte «Großbritannien zuerst». Sie sind aber auch der Name einer rechtsradikalen Partei. Die Polizei äußerte sich zunächst nicht zum möglichen Tatmotiv.

Jo Cox, die ihre erste Legislaturperiode im Unterhaus absolvierte und als eine der Hoffnungsträgerinnen bei Labour galt, wurde 41 Jahre alt. Sie hinterlässt Ehemann und zwei kleine Kinder. Die beiden politischen Lager im Brexit-Streit setzten nach Bekanntwerden der Tat den Wahlkampf für die Volksabstimmung vorerst aus.

«Das sind absolut tragische und schreckliche Nachrichten», sagte Premier David Cameron in einer Erklärung. «Wir haben einen großen Star verloren», zitierte die Agentur PA aus der Mitteilung. «Sie war ein Star für ihren Wahlkreis, sie war ein Star im Parlament, und sie war ein Star im gesamten Abgeordnetenhaus.»

Cox hatte sich für einen Verbleib ihres Landes in der EU stark gemacht. Sie galt zudem als glühende Verfechterin einer liberalen Flüchtlingspolitik und hatte sich wiederholt für die Aufnahme von Bürgerkriegsopfern aus Syrien eingesetzt.

Cox war zu Besuch in ihrem Wahlkreis, als sie von einem Mann mit einer Schusswaffe und einem Messer attackiert wurde. Sie starb später an ihren Verletzungen. Ein 52-Jähriger wurde in der Nähe des Tatorts festgenommen. Medienberichten zufolge beobachteten Augenzeugen, wie ein Mann mehrere Schüsse auf die Politikerin abfeuerte und anschließend mit einem Messer auf sie einstach.

Kurz nach der Tat wurde ein 52-jähriger Mann festgenommen, die Polizei geht davon aus, dass es sich dabei um den Täter handelt. Von weiteren Tätern sei nicht auszugehen, teilte eine Sprecherin mit.

Führende Politiker aller Parteien zeigten sich entsetzt über die Bluttat, deren Hintergründe zunächst unklar waren. Der Ex-Bürgermeister von London und Brexit-Befürworter Boris Johnson schrieb: «Ich bin traurig und schockiert, von Jo Cox' Tod zu hören». «Wir sind vereint in unserer tiefen Trauer über den Verlust einer unserer strahlendsten und beliebtesten Kolleginnen in Westminster», sagte Innenministerin Theresa May.

Auch Labour-Chef Jeremy Corbyn brachte seine Bestürzung per Twitter zum Ausdruck: «Die ganze Labour-Partei und Labour-Familie - und gewiss das ganze Land - werden angesichts dieses abscheulichen Mordes an Jo Cox heute schockiert sein.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem «tragischen Vorfall». Das US-Außenministerium zeigte sich «geschockt und entsetzt».

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