Papst gedenkt in stiller Trauer der Opfer von Auschwitz

AFP
AUSCHWITZ
Veröffentlicht 29.07.2016 00:00
Aktualisiert 29.07.2016 15:39
AP

Der Papst hat bei einem Besuch im ehemaligen NS-Vernichtungslager Auschwitz in stiller Trauer der Opfer des Holocaust gedacht. Franziskus schritt am Freitag alleine durch das Tor zu dem Lager in Polen mit dem zynischen Schriftzug "Arbeit macht frei", bevor er für ein Gebet inne hielt. Anschließend traf er Holocaust-Überlebende und danach polnische Christen, die während des Zweiten Weltkriegs ihr Leben riskiert hatten, um Juden zu retten.

Franziskus hält sich derzeit anlässlich des katholischen Weltjugendtags in Polen auf. Der 79-jährige Argentinier besuchte die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau als drittes katholisches Kirchenoberhaupt nach Benedikt XVI. und Johannes Paul II. Nach einem stillen Gebet begegnete der Papst mehreren Holocaust-Überlebenden, darunter die 101-jährige Helena Dunicz Niwinska, die als Gefangene in Auschwitz in einem Orchester spielen musste.

"Es war sehr bewegend", sagte die 86-jährige Janina Iwanska nach dem Treffen mit dem argentinischen Pontifex. "Ich wollte mich vor ihm hinknien, aber er hat mich in den Arm genommen und meine beiden Wangen geküsst." Der ehemalige Auschwitz-Häftling Alojzy Fros sagte einem AFP-Reporter, er erinnere sich noch genau an seine Ankunft in dem KZ. "Durch eine offene Tür sah ich nackte Körper, die wie Baumstämme übereinander gestapelt wurden." Diesen Anblick werde er nie vergessen, sagte der 99-Jährige.

An der sogenannten Todeswand in Auschwitz, an der im Zweiten Weltkrieg tausende Menschen erschossen worden waren, entzündete der Papst eine Kerze und verharrte erneut in stiller Trauer. Später zog sich Franziskus für ein Gebet in die frühere Zelle des Franziskaner-Minoriten Maximilian Kolbe zurück, der im KZ Auschwitz freiwillig anstelle eines Familienvaters in den Tod gegangen war.

In dem 1940 von den Nazis erbauten Lager wurden 1,1 Millionen Menschen ermordet, darunter eine Million Juden. Franziskus hatte vor seinem Besuch in Auschwitz angekündigt, dass er anders als seine Vorgänger keine Rede halten wolle, sondern in aller Stille um die Opfer trauern und weinen wolle. In das Gästebuch der KZ-Gedenkstätte schrieb er: "Gott, erbarme dich deines Volkes. Gott, verzeih so viel Grausamkeit."

Im Vernichtungslager Birkenau blieb der Papst an den Ruinen einer Gaskammer mit gesenktem Kopf stehen, um erneut alleine zu beten. Der Großrabbiner von Polen, Michael Schudrich, trug auf Hebräisch ein Gedicht für die Holocaust-Opfer vor.

Franziskus kam anschließend mit etwa 25 polnischen Christen zusammen, die Juden vor den Nazis gerettet und dadurch ihr eigenes Leben riskiert hatten. Zu ihnen zählt Maria Augustyn, deren Familie über Jahre ein jüdisches Paar hinter einem Schrank versteckte, und Anna Bando, die ein Waisenkind aus dem Warschauer Ghetto rettete und Juden mit gefälschten Papieren ausstattete.

Nach seinem Besuch in Auschwitz wollte der Papst nach Krakau zurückkehren, um mit hunderttausenden Pilgern den Weltjugendtag zu feiern. Am Abend wollte er dort mit Jugendlichen den Kreuzweg beten. Höhepunkt des Samstags ist eine Nachtwache mit Franziskus. Der Weltjugendtag endet am Sonntag mit einer Abschlussmesse in Brzegi bei Krakau.

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