Missbrauch an Darmstädter Schule

DAILY SABAH MIT DPA
DARMSTADT
Veröffentlicht 23.09.2016 00:00
Aktualisiert 23.09.2016 16:38
Die Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt dpa

Einem Gutachten zufolge hat ein Lehrer in Darmstadt an der Elly-Heuss-Knapp-Schule mindestens 35 Schüler sexuell missbraucht - alles Jungen, „oft täglich in mehreren Fällen". Der Mann wurde 2005 auch schon für 15 Fälle zu vier Jahren Haft verurteilt und verstarb während dieser Zeit. Das gesamte Ausmaß seiner Taten wird erst jetzt bekannt.

Berichten der ARD zufolge, habe der Täter über jede seiner Taten Buch geführt und Namen seiner Opfer in einem Tagebuch festgehalten. So kamen seit 1961 Jahren bis 1994 über 1000 Namen zusammen.

Eine Verurteilung folgte erst im Jahr 2005 und das auch nur 15 Fällen. Ein Großteil der Straftaten sei zu diesem Zeitpunkt verjährt gewesen oder hätte keinem Opfer zugewiesen werden können.

Der 77-Jährige ist im Rahmen seiner Haft in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Noch während seiner vierjährigen Haftstrafe verstarb er 2008.

„Das macht wütend, das macht sprachlos", sagt Manuel Lösel. Der Staatssekretär vertritt am Donnerstag im Kultusministerium in Wiesbaden Minister Alexander Lorz (CDU) bei der Vorstellung der Analyse. Der Bericht sei „ein Dokument unsäglicher Taten".

Der 77-Jährige ist im Rahmen seiner Haft in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Noch während seiner vierjährigen Haftstrafe verstarb er 2008.

Lösel entschuldigt sich ausdrücklich für die „Institution Schule" bei den Opfern - und versprach jedem 10 000 Euro, als „symbolisches Schmerzensgeld". Bis zum Jahresende sollen zudem alle Schulen im Land Informationen erhalten, wie sexueller Missbrauch verhindert werden kann.

Den Bericht über den Darmstädter Fall haben zwei Juristinnen erstellt: die Wiesbadener Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller und die ehemalige Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt, Brigitte Tilmann. Minister Lorz (CDU) hatte im März 2015 Darmstädter Missbrauchsopfer getroffen und anschließend die Aufarbeitung in Auftrag gegeben. Die beiden Juristinnen haben Erfahrung darin. Burgsmüller und Tilmann haben auch schon den Missbrauch an der Odenwaldschule dokumentiert.

Der Darmstädter Lehrer habe 33 Jahre lang eine „perfide Manipulationsstrategie" betrieben, sagt Burgsmüller. „Seine Persönlichkeit zeigte einen unglaublichen Narzissmus." Er sei sogar Vertrauenslehrer gewesen. Wirklich durchgegriffen habe an der Schule niemand, auch nicht die Staatsanwaltschaft Darmstadt. „Die Kinder wurden als unglaubhaft angesehen."

Die Odenwaldschule war nach dem Aufdecken des Missbrauchs vor sechs Jahren nicht mehr zu Ruhe gekommen. Die zahlenden Internatsschüler blieben weg, Geldprobleme häuften sich, es kam zur Insolvenz. Aufsichtsbehörden sahen für die Privatschule auch keine Chance mehr, finanziell weitermachen zu können.

Burgsmüller rechnet nach der Veröffentlichung des Falls mit wachsenden Opferzahlen.

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