EU beschließt härtere Haltung in Flüchtlingspolitik

REUTERS
BRÜSSEL
Veröffentlicht 29.06.2018 00:00
Aktualisiert 29.06.2018 10:10
AP

Die EU-Staaten haben sich nach stundenlangem Ringen auf eine härtere Haltung in der Asylpolitik geeinigt. Auf freiwilliger Basis sollen gemeinsame Asylzentren innerhalb der EU eingerichtet und Aufnahmelager für Flüchtlinge in Drittstaaten geprüft werden, heißt es in der am Freitagmorgen veröffentlichten Gipfelerklärung.

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist angesichts der innerdeutschen Debatte wichtig, dass sich die 28 EU-Regierungen ausdrücklich dazu bekennen, die Wanderung registrierter Asylbewerber innerhalb der Europäischen Union (EU) zu unterbinden. Der stellvertretende CSU-Landesgruppenchef Hans Michelbach begrüßte das Gipfelergebnis als Bewegung in die richtige Richtung. Die harte Haltung der CSU habe etwas bewirkt. Nun müsse der Formelkompromiss auch umgesetzt werden.

In der Gipfel-Erklärung wird zudem betont, dass es beim Thema Migration nur einen europäischen Ansatz geben könne: "Dies ist nicht eine Herausforderung für einen einzelnen Mitgliedstaat, sondern für Europa als Ganzes." Merkel hatte das Migrationsthema am Donnerstag eine "Schicksalsfrage" für Europa genannt. In der Gipfel-Erklärung wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Zahl der entdeckten illegalen Grenzübertritte in die EU seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Oktober 2015 um 95 Prozent gesunken ist.

Die 28 EU-Regierungen hatten am Donnerstagabend mit den Beratungen über die Asylpolitik begonnen. Zunächst hatte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte die Veröffentlichung der bereits beschlossenen Themen Handel und militärische Zusammenarbeit in der EU verhindert. Er pochte auf eine härtere Haltung und mehr Solidarität der Partner bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer. Deshalb drohte die gemeinsame Erklärung zunächst zu scheitern.

Merkel zog nach der Einigung ein positives Fazit. Es sei eine gute Botschaft, dass zu dem Thema ein gemeinsamer Text verabschiedet worden sei, sagte sie in Brüssel. Sie sei zuversichtlich, jetzt weiter an der Reform des europäischen Asylsystems arbeiten zu können. "Obwohl wir viel zu tun haben werden, um die verschiedenen Sichtweisen zu überbrücken."

Zur umstrittenen Frage zwischenstaatlicher Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen blieb Merkel vage. Dabei geht es um Asylbewerber, die sich zuerst in einem anderen EU-Land registrieren, dann aber nach Deutschland weiterziehen. Bei dieser sogenannten Sekundärmigration müsse man für Ordnung und Steuerung sorgen, sagte die Kanzlerin. Asylbewerber hätten nicht das Recht, sich ein Land der EU für den Antrag auszusuchen. Gleichzeitig bedürfe es der Solidarität mit den Ankunftsländern. Die CSU will am Sonntag entscheiden, ob sie an ihrer Drohung festhält, dass Innenminister Horst Seehofer im Alleingang in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen lässt. Für diesen Fall wird mit einer Entlassung Seehofers durch die Kanzlerin und einem Bruch der Regierung gerechnet. Michelbach sagte, Merkel und Seehofer müssten in den nächsten beiden Tagen das Gespräch suchen.

In Brüssel sprachen sich etliche Regierungschefs wie Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gegen nationale Alleingänge aus, weil diese erhebliche Auswirkungen auf die anderen EU-Partner und den Warenverkehr im Schengen-Raum hätten.

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