London meldet Durchbruch bei Brexit-Verhandlungen

DPA
BRÜSSEL
Veröffentlicht 14.11.2018 00:00
Aktualisiert 14.11.2018 09:54
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Großbritannien hat einen Durchbruch in den Brexit-Verhandlungen mit der Europäischen Union verkündet. Die Unterhändler hätten sich auf den Entwurf eines Austrittsabkommens geeinigt, teilte die britische Regierung mit.

Am Mittwochnachmittag (15.00 Uhr MEZ) soll das Kabinett in London zusammenkommen, um den Text zu billigen. Eine Bestätigung aus Brüssel gab es zunächst nicht. «Die Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über ein Austrittsabkommen laufen noch und sind nicht abgeschlossen», teilte ein Sprecher des irischen Außenministers Simon Coveney mit.

Dennoch wurde für Mittwoch eine Sondersitzung der Botschafter der 27 bleibenden EU-Länder angesetzt. Die Regierung in London hofft Berichten zufolge darauf, dass es noch im November zu einem Sondergipfel der EU kommt.

Premierministerin Theresa May zitierte ihre Minister am Dienstagabend zu Einzelgesprächen in die Downing Street, um ihnen Einblick in das Entwurfsdokument zu geben. Einer nach dem anderen verschwand mit ernster Miene hinter der schwarzen Tür des Regierungssitzes.

Die eigentliche Hürde für ein Brexit-Abkommen dürfte aber im Parlament in London liegen. Abgeordnete der nordirischen DUP und Mays Konservativer Partei drohten damit, den Deal durchfallen zu lassen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

Sollte die angekündigte Einigung im Parlament in Westminster keine Mehrheit finden, droht ein Austritt ohne Abkommen - mit chaotischen Folgen für alle Lebensbereiche. Zuerst wäre es aber wohl das Ende der Regierung May. Auch eine Neuwahl oder ein zweites Brexit-Referendum werden für diesen Fall nicht ausgeschlossen.

Ex-Außenminister Boris Johnson und der einflussreiche Parlamentarier Jacob Rees-Mogg schäumten vor Wut. Sie warfen May in Interviews vor, sich Brüssel unterworfen zu haben. Großbritannien lasse sich zum Vasallenstaat der EU degradieren und sei im Begriff, Dublin teilweise die Kontrolle über Nordirland auszuhändigen. Die beiden Brexit-Hardliner gelten als schärfste Widersacher Mays.

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, teilte per Twitter mit, man werde sich den Text im Detail anschauen, es sähe aber nicht nach einem guten Deal für Großbritannien aus.

Noch am Dienstag musste die Regierung im Parlament klein beigeben, um einer Abstimmungsniederlage zu entgehen. Labour forderte die Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens zu dem angestrebten Brexit-Abkommen, die nordirisch-protestantische DUP unterstützte diese Forderung. Mays Minderheitsregierung ist auf die Stimmen der DUP angewiesen. Sie kündigte an, das Gutachten zumindest teilweise zugänglich zu machen.

Großbritannien wird die EU am 29. März 2019 verlassen. Die Austrittsgespräche steckten bislang in einer Sackgasse. Am problematischsten ist die Frage, wie nach dem Brexit Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden können. Die EU besteht auf einer Garantie, dass es keine Kontrollen geben wird. Der sogenannte Backstop stößt aber auf heftigen Widerstand bei den Brexit-Hardlinern in Mays Konservativer Partei und der DUP.

Nun haben sich beide Seiten wohl auf einen Kompromiss geeinigt. Medienberichten zufolge sieht der Plan vor, dass ganz Großbritannien im Notfall in der Europäischen Zollunion bleiben soll. Für Nordirland sollen demnach aber «tiefergehende» Bestimmungen gelten.

Beides dürfte auf Widerstand im Parlament stoßen. Die Brexit-Hardliner bei den Konservativen fordern, dass der Backstop nur für eine begrenzte Zeit gelten darf. Die DUP sträubt sich gegen jegliche Sonderbehandlung Nordirlands. Der Entwurf des Brexit-Abkommens soll mehrere hundert Seiten umfassen.

Auch auf die Unterstützung der Brexit-Gegner in der Regierungspartei kann May keineswegs zählen. Ende vergangener Woche trat der Bruder von Boris Johnson, Jo Johnson, aus Protest gegen den Kurs der Regierung von seinem Posten als Verkehrsstaatsekretär zurück. Er setzt sich für den Verbleib in der EU ein und fordert eine zweite Abstimmung über den Brexit.

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