Schüsse in Utrecht: Mindestens 3 Tote

MIT AGENTUREN
UTRECHT
Veröffentlicht 18.03.2019 13:51
Aktualisiert 18.03.2019 19:44
AFP

Nach den Schüssen in einer Straßenbahn in Utrecht schließt die Polizei neben einem terroristischen Motiv auch ein Familiendrama nicht aus.

«Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist», sagte Polizeisprecher Bernard Jens dem niederländischen NOS Rundfunk.

Einem türkischen Medienbericht zufolge hat die Schießerei einen familiären Hintergrund. Der Täter habe auf eine Verwandte geschossen und später auf Menschen, die der Frau zur Hilfe kommen wollten, meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Montag unter Berufung auf Verwandte des Flüchtigen.

In einer Straßenbahn in der niederländischen Großstadt Utrecht sind am Morgen drei Menschen getötet worden. Neun weitere seien verletzt worden, drei von ihnen schwer, sagte Bürgermeister Jan van Zanen in einer Videobotschaft.

Die Polizei fahndet nach einem 37-jährigen Mann, der in der Türkei geboren sein soll.

Ein Augenzeuge sagte, der Täter habe es gezielt auf eine Frau abgesehen. Wie Daan Molenaar im NOS Radio sagte, befand er sich im vordersten Teil der Straßenbahn, als die Schüsse im hinteren Teil fielen. Nach dem Stoppen der Bahn habe er zunächst eine auf dem Boden liegende Frau bemerkt, der andere Reisende hätten helfen wollen. Zunächst habe er an einen Unfall gedacht.

«Ich hatte noch immer diesen Eindruck, als ich sah, dass sie weggeschleppt wurde.» Aber plötzlich sah er jemanden mit gezückter Pistole gezielt auf die Gruppe zulaufen. «Es sah so aus, als ob er diejenige noch einmal angreifen wollte oder vielleicht die Menschen, die ihr halfen.» Währenddessen suchten Passanten hinter geparkten Autos Schutz, wie in einem amerikanischen Westernfilm.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte zuvor: «Unser Land ist heute durch einen Anschlag aufgeschreckt worden». Gewalt habe unschuldige Menschen getroffen. «Ein Terrorakt ist ein Angriff auf unsere Zivilisation.» Es werde alles versucht, um den oder die Täter zu fassen. «Wir werden nie vor Intoleranz weichen», sagte der Mitte-Rechts-Politiker.

Die Stadtverwaltung fordert die Menschen in Utrecht dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Weitere Zwischenfälle seien nicht ausgeschlossen. Zuvor hatte die zuständige Behörde bereits die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. In Deutschland verstärkt die Bundespolizei an der Grenze zu den Niederlanden ihre Kontrollen an Straßen und in Zügen.

Die niederländische Polizei veröffentlichte auch Namen und Foto des verdächtigen Mannes aus der Straßenbahn. Wer den Mann sehe, solle sich ihm nicht nähern, sondern die Polizei rufen. Darüber hinaus entdeckte die Polizei ein nach dem Anschlag gesuchtes, rotes Fahrzeug. Zuvor hatte es geheißen, es würden Berichte geprüft, wonach ein Verdächtiger mit einem roten Auto geflohen sein soll.

Aus einer Wohnung sicherte die Polizei Beweismaterial. Bei einem weiteren Einsatz in einem anderen Wohngebäude auf der anderen Seite des Tatorts seien angeblich zwei Menschen festgenommen worden, berichtete ein Reporter eines TV-Senders. Die Polizei sperrte eine Straße ab. Mitglieder einer Anti-Terror-Einheit drangen nach Berichten niederländischer Reporter in eine Wohnung ein. Schüsse seien nicht zu hören gewesen. «Was wir auf jeden Fall wissen, ist, dass ein Täter auf der Flucht ist», sagte Pieter-Jaap Aalbersberg, der nationale Koordinator für Terrorismus-Bekämpfung.

Die genauen Hintergründe des Vorfalls waren zunächst unklar. Laut Polizei wurde nur an einem Ort geschossen. Die Gemeinde Utrecht richtete eine Telefon-Hotline ein.

Nach Angaben der Polizei fielen die Schüsse gegen 10.45 Uhr. Einsatzkräfte seien vor Ort, hieß es, unter anderem seien drei Hubschrauber im Einsatz.

Aus Sicherheitsgründen schloss die Universität ihre Türen. Alle Studenten wurden aufgefordert, in den Uni-Gebäuden zu bleiben. Gleiches galt für alle Schulen und Kitas in Utrecht. Alle Kinder und Mitarbeiter sollten in den Gebäuden bleiben. Die Behörden riefen Eltern dazu auf, ihre Kinder vorerst nicht abzuholen. Im niederländischen Regierungszentrum, dem Binnenhof in Den Haag mit dem Parlament und dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, wurde die Polizeipräsenz verstärkt.

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders geht ebenfalls von einem Terrorakt aus. Wilders sagte im niederländischen Fernsehen, es sehe nach einem «Terroranschlag mit unschuldigen Opfern» aus.

Der Vorfall ereignete sich im Westen der Stadt, etwa ein Kilometer entfernt von der Altstadt. Utrecht liegt etwa 75 Kilometer entfernt von der deutschen Grenze und hat etwa 350 000 Einwohner.

Die Bundespolizei erklärte in Kleve, alle verfügbaren Beamten seien im Einsatz, außerdem verstärkten Beamte der Landespolizei Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkt sei die Autobahn 3. Aber auch an anderen Autobahnen, an Bundesstraßen und an kleinen Grenzübergängen ständen Beamte.

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