Von der Leyen wird erste Präsidentin der EU-Kommission

AFP
STRASSBURG
Veröffentlicht 17.07.2019 09:19
AP

Als erste Frau in der Geschichte der EU wird Ursula von der Leyen Präsidentin der EU-Kommission in Brüssel.

Die bisherige Bundesverteidigungsministerin erhielt am Dienstagabend allerdings nur äußerst knapp die notwendige Zustimmung des Europaparlaments. Angesichts einer fehlenden Mehrheit bei pro-europäischen Parteien war von der Leyen offenbar auch auf Stimmen europaskeptischer Abgeordneter angewiesen.

Für die CDU-Politikerin stimmten in Straßburg 383 Abgeordnete. Dies waren nur neun Stimmen mehr als nötig. 327 Parlamentarier votierten gegen sie. Die 60-jährige von der Leyen erhielt damit die Unterstützung von nur gut 51 Prozent der wahlberechtigten Abgeordneten aus den 28 EU-Mitgliedstaaten.

Sie sei "überwältigt", sagte von der Leyen nach der Wahl. Es sei eine "große Ehre" für sie, nun ab dem 1. November als Nachfolgerin des Luxemburgers Jean-Claude Juncker Präsidentin der Kommission mit ihren rund 32.000 Beamten zu werden. Zu dem knappen Ergebnis sagte sie: "In der Demokratie ist die Mehrheit die Mehrheit".

Sie sei nach der Nominierung durch die EU-Staats- und Regierungschefs vor zwei Wochen auf viel "Unmut" im Parlament gestoßen, weil sie keine Spitzenkandidatin der Parteien bei der Europawahl gewesen sei, sagte von der Leyen. Sie habe deshalb die Fraktionen überzeugen müssen, um eine Mehrheit zu erreichen. Dies seien "auf jeden Fall die intensivsten zwei Wochen in meinem politischen Leben gewesen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, sie freue sich "auf eine gute Zusammenarbeit" mit ihrer bisherigen Verteidigungsministerin, die am Mittwoch offiziell aus dem Amt scheidet. Mit von der Leyen stehe auch "nach über 50 Jahren auch wieder eine Deutsche an der Spitze der europäischen Exekutive". Zuletzt hatte der deutsche Jurist Walter Hallstein bis 1967 die Kommission der Vorläuferorganisation Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) geführt.

"Endlich steht die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission", erklärte der scheidende Kommissionschef Juncker. "Ich bin sicher, dass Sie eine großartige Präsidentin werden." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gratulierte von der Leyen auf Twitter. "Heute trägt Europa Ihr Gesicht", schrieb Macron. "Wir können stolz auf Europa sein. Wir werden an ihrer Seite stehen, um es voran zu bringen."

Von der Leyen hatte in den vergangen zwei Wochen unermüdlich um Unterstützung im Europaparlament geworben. Noch am Dienstagvormittag machte sie vor dem Plenum eine Reihe von Zugeständnissen - vor allem um Stimmen bei den Sozialdemokraten als zweitstärkster Fraktion zu gewinnen, die in der Frage bis zuletzt gespalten waren.

Unter anderem kündigte sie an, in ihren ersten 100 Tagen im Amt ein Klimagesetz vorzulegen, um Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Auch eine gerechtere Besteuerung von Unternehmen stellte sie in Aussicht. Trotz dieser Zusagen kündigten die Grünen, die Linksfraktion und mehrere Sozialdemokraten - unter ihnen die 16 deutschen SPD-Abgeordneten - an, sie würden gegen die CDU-Politikerin stimmen.

Der Leiter der SPD-Delegation, Jens Geier, verteidigte die ablehnende Haltung. Von der Leyen habe sich nicht im Wahlkampf den Bürgern vorgestellt. Zudem habe sie Versprechen gemacht, die ohne Änderung der EU-Verträge oder eine Mehrheit im Rat der EU-Staaten nicht zu erfüllen seien.

Zwar habe von der Leyen eine pro-europäische Rede gehalten, betonte die Ko-Vorsitzende der Grünen, Ska Keller. Doch "trotz schöner Worte" habe sich "die Substanz" ihrer Schwerpunkte nicht verändert.

Das knappe Ergebnis mache klar, dass von der Leyen nicht ohne die Stimmen der polnischen Regierungspartei PiS gewählt worden wäre, sagte der Kabinettschef des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, Krzysztof Szczerski. Die 26 PiS-Abgeordneten gehören der europakritischen EKR-Fraktion an.

Sie könne nicht sagen, wer in der geheimen Wahl für sie gestimmt habe, sagte von der Leyen. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben sei es nun, eine Lösung für "die Spaltung zwischen Ost und West" in der EU zu finden. Sie wolle Kommissaren aus Osteuropa "wichtige Portfolios" geben. Zum Parlament wolle sie gleichzeitig einen kurzen Draht halten.

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