Propheten-Mantel in Istanbuler Moschee - Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 14.06.2017 00:00
Aktualisiert 15.06.2017 11:34
AFP

Eine lange Schlange von Männern und Frauen, die in getrennten Linien stehen, warten geduldig an einer Istanbuler Moschee, um ein Jahrhunderte altes Kleidungsstück sehen zu können. Es handelt sich um den Umhang des Propheten Mohammed aus Leinen, Baumwolle und Seide.

Der Hırka-i Şerif (der adlige Umhang) wurde im 17. Jahrhundert nach Istanbul gebracht, zu einer Zeit, als das Osmanische Reich einen großen Teil von der islamischen Welt bis tief in das heutige Saudi-Arabien kontrollierte.

Jedes Jahr, während des heiligen moslemischen Fastenmonats Ramadan, wird der Umhang auf eine spezielle Stelle an der Hırka-i Şerif Moschee in Istanbul gesetzt und zieht hunderttausende von Besuchern an.

„Ich war letztes Jahr hier, so Gott will, werde ich nächstes Jahr auch hier sein, solange ich am Leben bin", sagte die 78-jährige Besucherin Nimet Şahin.

Neziha Polat, 76, sagte, sie fühle sich, als wäre sie in Mekka, die heilige islamische Stadt, zu der alle wohlhabenden Muslime in ihrer Lebenszeit eine Pilgerfahrt machen müssen.

„Ich komme jedes Jahr hierher und habe das gleiche Gefühl. Gott, lass dieses Gefühl nie in unseren Herzen erlöschen", sagte sie in Tränen.

Vom Jemen nach Istanbul

Das Kleidungsstück war Uwais Al-Qarni anvertraut worden, der im siebten Jahrhundert nach Medina ging, um den Propheten Mohammed zu sehen. Er musste aber wegen der Krankheit seiner Mutter in den Jemen zurückkehren - ohne den Propheten zu sehen.

Beeindruckt von der Geschichte, lies der Prophet Mohammed seinen Umhang über Begleiter an Al-Qarni als Geschenk zustellen, er erhielt dann das Kleidungsstück im Jemen.

Al-Qarni hatte keine Kinder, daher wurde die Reliquie von seinen Verwandten bewahrt, sagte der Istanbuler Mufti Hasan Kamil Yılmaz.

Im Jahre 1611 brachte der osmanische Sultan Ahmed I. den heiligen Umhang nach Istanbul, von Kuaşadası in der westlichen Türkei, wo Al-Qarnis Verwandte es bewahrt hatten.

„Seitdem ist das Hırka-i Şerif in Istanbul geblieben", sagte Yılmaz gegenüber AFP.

Im Jahre 1851 baute Sultan Abdul Majid die Hırka-i Şerif-Moschee im Fatih-Bezirk um, mit dem Ziel, den Umhang zu bewahren und auszustellen.

„Es gibt zwei Schlüssel zum Umhang - eine von der Stiftung und die andere von der Familie", sagte Yılmaz.

Das heilige Kleidungsstück ist von einer Generation zur anderen weitergegeben worden, und sein derzeitiger Bewahrer ist Barış Samir – aus der elften Generation der Enkel der Al-Qarni.

„Es ist eine sehr ehrenvolle Pflicht, wir sind sehr glücklich, dass sie uns auferlegt wurde und wir eine solche Verantwortung tragen", sagte Samir zu AFP. „Es ist aber auch ein harter Job, es ist eine große Verantwortung, moralisch und finanziell."

Die Güte verbreiten

Ein alter Mann, der eine islamische Kopfbedeckung trug und in der Schlange wartete bis er dran kam, um das Kleidungsstück zu sehen, sagte, er sei in Frieden mit sich selbst.

„Was kann kostbarer sein im Leben? Ich habe das sehen können, bevor ich sterbe."

Zehra, 48, sagte, es sei ein großes Glück für die Muslime, den Mantel des Propheten sehen zu können. „Ich glaube, es bringt uns ihm näher."

Jedes Jahr kommen über eine Million Gläubige aus der ganzen Welt um das heilige Kleidungsstück zu sehen.

„Leute von Sibirien bis nach Afrika, von Amerika bis nach Fernost, alle kommen um den Prophetenmantel sehen zu können", sagte Samir.

„Die Anzahl der Besucher übersteigt in der Regel die Millionenzahl. Wir haben viele Besucher, vor allem bei der Laylat al-Qadr (Die Nacht, in dem der Koran offenbart wurde), weil der Umhang dann bis zum Morgengrauen betrachtet werden kann."

Loukman Hakim, 49, ein Geschäftsmann aus Malaysia, gehörte auch zu den Besuchern der Moschee, zusammen mit einer Gruppe von rund 20 Malaysiern.

„Natürlich bringt es uns näher zum Propheten Mohammed", sagte Hakim der AFP, nachdem er den heiligen Umhang gesehen hatte.

Laut Samir ist der Ausstellungsort des Mantels zugleich ein Treffpunkt zwischen dem Propheten und den Gläubigen. „Wir sind glücklich, sie zusammenzubringen."

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