Wie werden die Auslands-Besuche Erdoğans aus der globalen Perspektive betrachtet?

Veröffentlicht 17.05.2017 00:00
Aktualisiert 17.05.2017 13:56

Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat in kürzester Zeit eine Reihe wichtiger Länder besucht. Zuerst ging er nach Russland, um seinen Amtskollegen Wladimir Putin zu treffen, danach flog er nach Indien und machte einen kurzen Zwischenstopp in Kuwait. Das nächste Ziel was dann China und von dort aus flog er direkt in die USA. Als nächstes ist der Besuch nach Brüssel geplant, um dort am NATO-Gipfel teilzunehmen.

So hat er, einer nach dem Anderen, die mächtigsten drei Anführer der Welt getroffen, die Präsidenten von drei Großmächten: Den USA, Russland und China. Natürlich waren die Wirtschaftsbeziehungen, der bilaterale Handel und die Investitionen die Hauptthemen dieser Treffen, aber auch politische und strategische Beziehungen wurden diskutiert. Neue globale Bedrohungen, Risiken und Chancen sowie die neue globale Ordnung waren Eckpunkte dieser Gipfeltreffen.

Es ist offensichtlich, dass jedes Land ihre eigene Wahrnehmung von aktuellen Angelegenheiten der Welt hat, da sich die Interessen und Erwartungen unterscheiden. Sie haben auch ihre eigenen Prioritäten. Ungefähr so handeln auch die USA, Russland und China. Die Sache ist folgende; diese drei Länder brauchen die Türkei nicht wirklich, um ihre Rivalitäten oder Kooperationen auszutragen, da sie es auch direkt mit einander tun können. Es ist heutzutage alles durch die Sozialen Medien so direkt, dass selbst die Staatsoberhäupter direkt miteinander kommunizieren können. Deshalb ist es schon lange kein Geheimnis mehr, was diese Mächte voneinander erwarten und in welchen Themen sie einig sind oder eben nicht. Was nach wie vor unklar ist, sind die Haltungen anderer „größerer" Mächte. Dies ist wichtig, da alle diese anderen Machthaber auch im System interagieren.

Da gibt es Länder wie die Türkei und Indien, die die Entwicklung der internationalen Dynamik beschleunigen oder aufhalten können. Das sind Länder von strategischer Bedeutung, mit der Fähigkeit, das Spiel von großen Mächten sabotieren zu können. Mit anderen Worten: Diese strategischen Länder allein, können ihren eigenen Willen nicht dem internationalen System auferlegen. Dennoch sind sie in der Lage, die von anderen geplanten Szenarien zu stören.

Die Tatsache, dass Erdoğan mit den Staatsoberhäuptern all dieser wichtigen Länder zusammengekommen ist, bevor er den NATO-Gipfel besucht, bedeutet, dass die türkischen Prioritäten in der Außenpolitik nicht auf die umliegende Region der Türkei beschränkt sind. Die Türkei bewertet ihre eigenen Sicherheitsprobleme im Kontext globaler Entwicklungen, da sie weiß, dass die Zukunft vieler regionaler Probleme von den Beziehungen zwischen den Großmächten abhängt. Deshalb weiß Ankara auch, dass die Entscheidung der USA, Waffen an die syrisch-kurdischen Terrorgruppen zu schicken, nicht unabhängig von den Beziehungen Washingtons zu Russland gefällt wird.

Daher dürfen die Beziehungen der Türkei mit diesen Großmächten nicht allein durch eine bilaterale Perspektive heraus verstanden werden. Denn die bilateralen Beziehungen der Türkei zu diesen Mächten werden auch durch die bilateralen Beziehungen der Großmächte untereinander beeinflusst. Außerdem ist jedes außenpolitische Thema der Türkei auf eine oder die andere Weise mit dem syrischen Bürgerkrieg verbunden; Auch die Rolle des Irans im System und die Haltung Israels zu einer Reihe von Themen sind von Bedeutung. Wenn man den Iran und Israel erwähnt, wie kann man die politische Situation in Ägypten und Saudi-Arabien vernachlässigen? Und all diese Dinge werden in gewisser Weise von der Zukunft der Europäischen Union beeinflusst

Kurz gesagt, ist jedes kleine Thema, das wir als „bilateral" bezeichnen, in der Tat nur ein Stück eines größeren Puzzles, da alle diese „bilateralen" Fragen ziemlich „global" sind. Leider haben einzelne Länder keine bessere Möglichkeit als bilaterale Treffen abzuhalten, um diese Probleme zu lösen, da die bestehenden internationalen Strukturen ziemlich ineffizient sind. Diese internationalen Gremien verlieren darüber hinaus auch schrittweise ihre, ohnehin schon, geringe Effizienz, da die bilateralen oder trilateralen Gipfeltreffen zu Ecksteinen des internationalen Systems werden. Internationale Institutionen und Regeln, die nach dem Zweiten Weltkrieg entworfen wurden, sind in der Tat veraltet.

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