Zwischen Hamburg und Istanbul

Veröffentlicht 10.07.2017 00:00
Aktualisiert 10.07.2017 13:39

Die tumultartige Atmosphäre in Hamburg erinnerte mich an die Nacht des 15. Julis in Istanbul, als die türkischen Bürger auf den Straßen waren, um gegen die Gülen-Putschisten zu protestieren.

Letzte Woche reiste ich für den G20-Gipfel nach Hamburg. Die Stadt war teilweise abgeschottet, da strenge Sicherheitsmaßnahmen mit rund 20.000 Polizeibeamten getroffen wurden. Zeitweise schwebten sieben oder acht Polizeihubschrauber über den Tagungsort und man konnte Sirenen im Handelsdrehkreuz Deutschlands hören.

Als wir in Hamburg ankamen, um an der Versammlung teilzunehmen, die die Demonstranten als ein Treffen von bösen Kapitalisten ansehen, sahen Staatschefs aus der ganzen Welt Banner mit der Aufschrift „Welcome to Hell", die von wütenden Mobs präsentiert wurden. Anti-Putin, Anti-Trump und Anti-Erdoğan-Plakate dekorierten die Wände - eine von diesen Gruppen rief die Menschen dazu auf, den türkischen Präsidenten zu töten.

Autokonvois mussten immer wieder anhalten, da Polizeibeamte Tränengas nutzten, um die Massen zu zerstreuen und detaillierte Durchsuchungen durchführten, um die Macht des deutschen Staates zu demonstrieren.

Man fragt sich, warum die deutsche Regierung es für angebracht hielt, den G20-Gipfel in der Innenstadt von Hamburg abzuhalten. Die jüngsten Gipfeltreffen fanden in relativ ruhigen Gebieten in der Türkei und China statt. Auch interessant ist der symbolische Wert den G20-Gipfel in Hamburg, Angela Merkels Heimatstadt zu halten – kurz vor den Wahlen im September 2017. Am Ende hat sich jeder darüber beschwert, dass man Zeit in einer Stadt verbringen musste, in der es sogar eine Schererei ist herumzulaufen.

Die deutschen Medien folgten der Veranstaltung ganz genau. Eine Reihe von Storys und Meinungen erschienen in Lokalzeitungen, die Trump, Putin und Erdoğan kritisierten. Aber es ist praktisch unmöglich, die Betonung zur Türkei nicht zu bemerken. Immerhin waren die persönlichen Angriffe gegen Erdoğan in den letzten Jahren ein zentrales Thema der deutschen Politik. Vielleicht ist der „Anti-Erdoğanismus" noch wichtiger geworden, da es die Definition der deutschen Identität in einem Land mit drei Millionen einheimischen Türken beeinflusst hat. Am Freitag war es überraschend, die Beiträge der Gegner der Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AK-Partei) in den deutschen Medien zu sehen. Die Aufmerksamkeit der Zeitungen für ein fremdes Land war gelinde gesagt überraschend.

Die Liste der gesamten Beschwerden könnte ganze Paragrafen füllen: Die Empfehlung des Europäischen Parlaments, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei auszusetzen; die potenzielle Konfrontation zwischen dem „Gerechtigkeits"-Marsch und die Demokratie-Wachen; ein Interview mit Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu, in dem er Erdoğan vorwirft ein Diktator zu sein; die Festnahme von bestimmten Menschenrechtsaktivisten in der Türkei, die Inhaftierung vom deutschen Deniz Yücel und die Vorwürfe des Sprechers des deutschen Bundestages und dem Chef des Auswärtigen Amts.

Die feindliche Berichterstattung der deutschen Medien erinnert mich an Istanbul. Ich erinnere mich an den „Gerechtigkeits"-Marsch, der von der Gülenisten-Terrorgruppe (FETÖ) und der Demokratische Partei der Völker (HDP) unterstützt wurde. Ich war wegen den Verhaftungen von Daesh-Terroristen alarmiert, die Angriffe gegen die Veranstaltung planten. Ich denke zurück an ein Gespräch, das ich in einer Hotellobby führte, dort wurde mir gesagt, dass Daesh ihre Militanten angewiesen hätte, die Anhänger der Republikanischen Volkspartei (CHP) und der „Demokratischen Partei der Völker" (HDP), einschließlich Alewiten und Kurden, anzugreifen. Ich hoffe, dass der unverantwortliche Marsch von Kemal Kılıçdaroğlu, der sagte, er wäre bereit jeden Preis zu zahlen, in Istanbul friedlich endet.

Während die Hubschrauber weiter über Hamburg kreisen, denke ich über den glorreichen Widerstand der Nation gegen die Putschisten im vergangenen Sommer und dem bevorstehenden Jahrestag des 15. Julis. Ich erinnere mich an die Opfer, einfache Bürgern, die die Bosporus-Brücke zu einem Land der Märtyrer erhoben.

Als der endlose Lärm von Hubschraubern und Polizeisirenen gemischt mit den Trommelschlägen der Demonstranten ertönt, ist mein Körper in Hamburg aber mein Geist in Istanbul.

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