Unser Regierungssystem, unsere Entscheidung

Veröffentlicht 20.02.2017 00:00
Aktualisiert 20.02.2017 13:11

Seit dem Putschversuch nimmt die Kampagne gegen Erdoğan und die Türkei zu. Man kann es den Schlagzeilen und Kommentaren deutscher Medien entnehmen; Auf Biegen und Brechen will man den Wechsel zum Präsidialsystem verhindern. Warum diese bedauernswerten, verzweifelten Bemühungen uns zu stoppen? Da ich weiß, dass viele Menschen eine faire Berichterstattung vermissen, geht es mir hier darum eine andere Perspektive zu ermöglichen.

Am 21. Januar stimmte das türkische Parlament für die 18 Artikel umfassende Verfassungsänderung und machte somit den Weg für eine Volksabstimmung über das Präsidialsystem frei, die am 16. April stattfinden soll.

Das Volk hat das Sagen, das "Letzte Wort". Das ist Demokratie, eine direkte Demokratie, oder täusche ich mich da?

Tagtäglich sind wir in den Schlagzeilen westlicher Medien. Wenn man die Beiträge, Kommentare und Schlagzeilen deutscher Medien eingehend studiert, platzt einem schier der Kragen.

Einseitige, unqualifizierte, negative, oftmals lügnerische und ideologisch eingefärbte Berichterstattungen führen zu einer Manipulation und Desinformation der deutschen Bevölkerung.

Aber es kann ja wohl kein Zufall sein, dass deutsche Medien mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung, die gleiche Rhetorik wählen? Mit welcher Erwartung betreibt die deutsche Medienlandschaft diese Kampagne gegen Erdoğan? Mit einer feindseligen Wahrnehmungsmanipulation versuchen die deutschen Medien Einfluss auf den türkischen Präsidenten auszuüben.

  • Deutschlandfunk – 7.Januar 2017

Nur eine Sache kann Erdoğan noch stoppen

..Es scheine, als ob nichts und niemand Ihn auf dem Weg zur absoluten Machtübernahme stoppen könne – außer der sich abzeichnende wirtschaftliche Absturz des Landes.

  • BILD – 9.Januar 2017

Erdoğan baut die Türkei zur Diktatur um

Die Türkei wird nach Meinung von Experten mehr und mehr zur Diktatur! Grund dafür sind die Pläne von Staatschef Erdoğan der sich stark für die Einführung eines Präsidialsystems einsetzt.

  • WELT – 10.Januar 2017

Erdoğans Pläne sind eine Zäsur

R.T. Erdoğan will ein Präsidialsystem unter seiner Führung. Viele Türken wollen jedoch keinen neuen Sultan.

  • DIE ZEIT – 14.Januar 2017

Die Türkei wechselt das Regime

Mit dieser Schlagzeile verbreitet Can Dündar bewusst eine Lüge und somit eine Wahrnehmung, die gleiche Rhetorik und Manipulation wird hier von der türkische Opposition weiterverbreitet. Als ob nicht jeder weiß, dass es sich um einen Wechsel vom parlamentarischen System zu einem Präsidialsystem handelt.

  • ZEİT ONLİNE – 21. Januar 2017

Das Parlament ist ab jetzt ein Mausoleum

„In Ankara wurde gerade die parlamentarische Demokratie der Türkei abgeschafft…Es war ein langer lauter Todeskampf. Die Abstimmungen waren existenziell. Es ging um Leben und Tod!!

  • SPİEGEL ONLİNE – 27. Januar 2017

Wer kann Erdoğan stoppen?

„Vor dem Referendum über das geplante Präsidialsystem in der Türkei wirkt die Opposition zerstritten und mutlos. Auf dem Weg zur Alleinherrschaft kann Erdoğan wohl nur einer aufhalten…Der Opposition bleibt kaum mehr übrig, als auf ein Wunder zu hoffen…Erdoğan scheint inzwischen so mächtig dass er nur noch sich selbst schlagen kann.

Nicht nur die Medien.

Einer der ‚Türkei- und Islam-Experten', Günter Seufert von der Stiftung Wissenschaft und Politik, warnt(!) vor einer Verfassungsänderung in der Türkei. Das geplante Präsidialsystem diene Erdoğan seine Macht zu sichern: „…sollte das Volk die Verfassungsänderung bestätigen, hätte dies auch Konsequenzen für die Außenpolitik der EU, dann müsste Brüssel die EU-Beitrittsverhandlungen einfrieren", betonte Seufert. (9. Januar 2017 – Deutschlandfunk)

Führende deutsche Politiker fordern harte Maßnahmen gegen die türkische Regierung.

Vertreter der Linkspartei und der Grünen verlangen Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei. Allen voran fordert Sevim Dağdelen von der Linkspartei „mehr Härte" gegen Erdoğan.

Die Liste der Kommentare und Schlagzeilen könnte ewig so weitergehen. Seit dem Putschversuch nimmt die Kampagne gegen Erdoğan und die Türkei zu. Man kann es den Zeilen entnehmen, auf Biegen und Brechen will man den Wechsel zum Präsidialsystem verhindern.

Die ‚Hüter der Demokratie und Menschenrechte' wollen also nicht dass wir zum Präsidialsystem übergehen? WARUM?

Warum diese bedauernswerten, verzweifelten Bemühungen uns zu stoppen?

Diese Einmischungen in unsere Innenangelegenheiten? Schon allein der Umgangston!

Früher hatte man sich noch über den einen oder anderen Artikel geärgert, aber diese Zeiten sind längst vorüber. Schlechter Zeitpunkt, der türkischen Gesellschaft und Politik Belehrungen zu erteilen. Europa hat jeden Einfluss auf die Türkei verloren. Auch die EU-Beitrittsoption hat als Erpressungsmittel keine Wirkung mehr.

Dass es bei der gegenwärtigen Kampagne nicht um die Verteidigung der Demokratie in der Türkei geht, ist ja wohl klar. Ist es nicht interessant, dass mit keiner einzigen Zeile darüber berichtet wird was das türkische Volk will? Da ich weiß, dass viele Menschen sich Ihre eigene Meinung bilden wollen und eine objektive und faire Berichterstattung vermissen, geht es mir hier darum eine andere Perspektive zu ermöglichen.

In nahezu allen politischen Lagern herrscht Einigkeit darüber, dass die Türkei dringend eine Verfassungsreform braucht. Die derzeit geltende Verfassung stammt von der Militärjunta und wurde nach dem Putsch 1980 mit einem Referendum in Kraft gesetzt (November 1982).

Darin steht der Staat an erster Stelle und der Präsident hat eine relativ starke Rolle, weil das Militär, nachdem es seine Macht an eine gewählte Regierung zurückgegeben hatte, diese über den Präsidenten weiter kontrollieren wollte.

In der Türkei galt das Militär als Hüter der Verfassung und als Garant der laizistischen Ausrichtung. Um diese Staatsordnung zu sichern, griff das Militär mehrmals ins politische Geschehen ein.

Warum setzen wir uns so für das Präsidialsystem ein?

Mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit wollen wir ein noch stärkeres, noch widerstandsfähigeres und zur Verwirklichung unsere Ziele ein noch geeigneteres Regierungssystem gründen. Historisch betrachtet wurde die türkische Nation in den vergangenen 94 Jahren mehrmals Zeuge von Problemen, die durch das parlamentarische System verursacht wurden.

Seit dem 29. Oktober 1923 bis heute sind in 94 Jahren 65 Regierungen an die Macht gekommen, deren durchschnittliche Lebensdauer 17,5 Monate betrug. Eine Vielzahl innenpolitischer Krisen, in deren Folge Neuwahlen ausgerufen wurden, erhöhten zudem die Anzahl der türkischen Regierungen; allein in den siebziger Jahren wechselten sich 13 Regierungen ab. Als Folge von Koalitionsregierungen und Instabilität entstanden Wirtschaftskrisen und Militärputsche, die immer noch in den Erinnerungen der Menschen sind.

Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit Bestehen der Republik war im Wesentlichen durch den Machtkampf an der Staatsspitze zwischen Staatspräsident Sezer und Ministerpräsident Ecevit hervorgerufen worden. Über Nacht wurde die Türkei um 25 Prozent ärmer.

Dazu kamen die militärischen Interventionen.

1960 sieht das Militär das demokratische System bedroht und stürzt die Regierung in einem Putsch. Ministerpräsident Menderes und zwei Minister werden gehängt!

1971 ist eine zweite Intervention.

1980 der dritte Militärputsch.

Beim „postmodernen Coup 1997" sahen die Militärs die säkularen Grundlagen(!) der Republik in Gefahr.

2007 machten die Streitkräfte ihre Wächterrolle wieder besonders deutlich. Um den Prozess der Wahl eines Staatspräsidenten aus den Reihen der AK-Partei aufzuhalten, erklärte die oppositionelle CHP von vorneherein, den Wahlvorgang boykottieren zu wollen und behauptete, dass für die Gültigkeit der ersten beiden Abstimmungen die Anwesenheit von zwei Dritteln (367 von 550) der Abgeordneten erforderlich sei. Im ersten Wahlgang am 27. April erhielt Abdullah Gül 357 Stimmen. Die CHP beantragte beim Verfassungsgericht eine Annullierung der Wahlen. In der Nacht wurde auf der Website des Generalstabs ein sogenanntes „E – Memorandum" veröffentlicht: In diesem brachte der Generalstabschef seine Besorgnis um die laizistische Ordnung und das Fortbestehen der Republik im Kontext der Wahl des Staatspräsidenten zum Ausdruck. Die Erklärung wurde sowohl wegen ihres Inhalts als auch wegen des Zeitpunkts der Veröffentlichung als eine offene Warnung vor einem direkten Eingriff des Militärs verstanden.

Obwohl für die Abstimmung ein Quorum von mindestens 367 Abgeordneten in der Verfassung nicht eindeutig vorgeschrieben ist und bei keiner der früheren Wahlen eine Rolle spielte, gab das Verfassungsgericht am 1. Mai der Klage der CHP statt und erklärte die erste Runde der Präsidentschaftswahl für ungültig.

Erdoğan, der damals noch Ministerpräsident war, löste die Krise durch eine vorgezogene Parlamentswahl, zudem kündigte er eine Verfassungsänderung an, um künftig den Staatspräsidenten vom Volk wählen zu lassen. Am 21. Oktober 2007 wurde ein Referendum abgehalten, wobei die Verfassungsreform mit absoluter Mehrheit angenommen wurde. Diese Änderung bildete den Wendepunkt für ein neues Verwaltungsmodell. Politikwissenschaftlern zufolge wurde mit der Wahl des Staatspräsidenten durch das Volk das Regierungssystem de facto geändert.

Am 16. April wird das türkische Volk über die Verfassungsänderung zur Einführung des Präsidialsystems abstimmen und eine historische Entscheidung treffen. Das Präsidialsystem verfügt über das Potential eine Lösung für die seit über 90 Jahren auftretenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Probleme zu finden. Entgegen der Wahrnehmungsmanipulation der deutschen Mainstreampresse ist das Präsidialsystem ein Regierungssystem, das durch eine ausgeprägte Gewaltenteilung und Trennung gekennzeichnet ist. Diese Struktur wird auch harte Trennung der Kräfte genannt. Mit diesem System werden die kurzlebigen Koalitionsregierungen, politischen Konflikte und wirtschaftliche Krisen der „alten Türkei" vorbei sein. Mit dem Präsidialsystem wird die „Neue Türkei" noch demokratischer, pluralistischer, toleranter, wohlhabender und stabiler werden und eine noch stärkere Rolle in der Region und weltweit übernehmen.

Ich glaube hier drückt der Schuh!

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