Trumps Blutspur zieht sich durch Jerusalem - Von Evelyn Hecht-Galinski

EVELYN HECHT-GALINSKI @VomHochblauen
ISTANBUL
Veröffentlicht 18.12.2017 00:00
Aktualisiert 08.03.2018 20:27
Trumps Blutspur zieht sich durch Jerusalem - Von Evelyn Hecht-Galinski

Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist momentan der einzig echte Kämpfer für Palästina. Die Medien überschlagen sich geradezu in ihrer Hetze gegen ihn. „Erdoğans Gipel", den er als Signal der Geschlossenheit der 57 OIC-Mitgliedsstaaten sieht und von dem ein Signal in die Welt ausgehen soll, unterstütze ich voll und ganz.

Tatsächlich war dieser Aufruf ein wichtiges Zeichen. Dennoch müssen die 57 Staaten, die sich gegen den Trump-Beschluss gestellt haben, immer noch mit internen Streitigkeiten kämpfen. Wie diese Differenzen und Tatenlosigkeit die westliche Position und Israel stärken, ist bekannt. Ein Erfolg gegen die illegale zionistische Besatzung Palästinas kann nur durch Einigkeit erzielt werden. Das gleiche Problem haben wir auch innerhalb der Palästinensischen Gemeinschaft, die aber aktuell Schauplatz einer Versöhnungsphase zwischen Fatah und Hamas ist.

Präsident Erdoğan hat als einziger hoher politischer Akteur Israel als Terrorstaat bezeichnet und zu Recht Foltervorwürfe gegen den „Jüdischen Staat" erhoben. Dazu möchte ich allen Lesern das im Zambon Verlag erschienene Buch „ B`Tselem - Folter in Israel" empfehlen. Wie Erdoğan richtig feststellte, kann man das Schicksal von Jerusalem nicht einem Land überlassen, „das sich von Blut ernährt, seine Grenzen brutal erweitert sowie Kinder, Zivilisten und Frauen brutal ermordet." Ist es nicht gerade als Pflicht eines jeden Muslim, sich für die Freiheit Palästinas und einer ungeteilten Hauptstadt Jerusalem einzusetzen?

Nachdem Trump eklatant das Internationale Völkerrecht verletzt hat, braucht es eine gemeinsame Antwort gegen dieses Verbrechen. Die Palästinenser, die leider – im Gegensatz zu Israel - über keine Lobby verfügen, brauchen dringend einen Sprecher und Unterstützer ihrer Sache. Erdoğan wäre ein wichtiger Wegbereiter für einen Anfang im Bestreben der vollen Anerkennung Palästinas mit der Vollmitgliedschaft in der UN. Leider findet sich in der 23 seitigen Abschlusserklärung der Organisation kein einziges, neues Wort über den Status von Jerusalem.

Wieder einmal scheint es hierbei keine geschlossene Einheit zu geben, so dass die islamische Welt gegen die illegale zionistische Besatzung Palästinas an einem Strang ziehen könnte. Es sind noch keine konkreten Schritte zu finden, die endlich die Verlegung der Botschaften muslimischer Staaten nach Ost-Jerusalem ankündigen. Auch die mehr als wichtige Ankündigung von Erdoğan, die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei abzubrechen, findet in der Schlusserklärung keinerlei Erwähnung. Das ist mehr als bedauerlich, hätten es doch Erdogans Pläne verdient, sofort umgesetzt zu werden, um die Freiheit Palästinas gewähren.

Schlimmer noch, waren die Intrigen des „Jüdischen Staates", der zur gleichen Zeit, den treuen US-Partner Saudi-Arabien, dem Hüter der heiligen Stätten von Mekka und Medina und dessen Vertreter, den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, nach Israel einlud, um angeblich den „israelisch-palästinensischen Friedensprozess" wieder aufzufrischen.

Dieses Spiel ist genau die Inszenierung, die den unter Druck sehenden Staatsterror Regime Netanjahus braucht, um Erdoğan zu schwächen und eine Spaltung der muslimischen Länder zu erreichen. Ziel ist also eine Allianz, die gegen den Iran vorgeht und letztendlich eine weitere, massive Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Türkei und den USA herbeiführt.

In Deutschland regt man sich inzwischen mehr über brennende David-Stern Flaggen auf und verwechselt bewusst Kritik am zionistischen Besatzungsstaat mit vermeintlichen Antisemitismus. Tatsächlich entsteht Judenhass aber meistens erst dann, wenn der „Jüdischer Staat" diese Völker- und Menschenrechtsverbrechen begeht. Was hatten wir hier einen Aufschrei der Entrüstung als Präsident Erdogan sich nach dem Putsch für eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe aussprach. Wenn jedoch der Ministerpräsident von Israel das fordert, dann hält sich die Entrüstung in Grenzen. Wie schrieb ich in meinem Buch doch gleich: „Das elfte Gebot - Israel darf alles" - und in der Tat scheint mir, dass besonders in Deutschland dieser Titel Programm ist. Also bitte keine Doppelstandards und kein „besonderes" Verhältnis, wenn es um Israel geht. Zu leiden haben letztendlich immer mehr die Muslime in Deutschland, die unter Generalverdacht gestellt werden. Die grassierenden Islamophobie in Europa ist derweil besorgniserregend. Wehret den Anfängen!

Präsident Erdoğan sollte auch ein Wort zu den Diskriminierungen verlieren, unter denen Muslime in Deutschland immer mehr zu leiden haben. Wie wir aktuell erleben, werden muslimisch-palästinensische Demonstranten diffamiert, weil sie bei Protesten gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel die zu Recht verhasste Israel-Flagge verbrennen. Dieses legale Recht soll ihnen jetzt per Demonstrationsauflagen und Gesetzesänderungen verboten werden. Dieses harmlose Protestrecht sollte als hilfloses Symbol gegen die illegale Besatzung Palästinas unbedingt beibehalten werden.

Palästinenser und Palästina finden nur noch wenig Aufmerksamkeit in der Weltöffentlichkeit - einzig Präsident Erdoğan versucht sein Bestes, um als Fürsprecher Palästinas etwas zu erreichen, und das ist mehr als bedauerlich.

Während sich hier in Deutschland die Presse in Antisemitismusvorwürfen gegen Muslime und Empörung gegen brennende Israel-Flaggen überschlägt, sich im Erdoğan und Putin-Bashing übertrumpft, wird das zionistische Besatzer-Regime unter Netanjahu geschont und die Ursache allen Übels, die illegale Besatzung sowie die ethnische Säuberung Palästinas, nicht mehr erwähnt. Ein mehr als durchsichtiges, allerdings gewohntes Spiel der Israel-Lobby und ihrer philosemitischen Freunde.

Es bleibt zu hoffen, dass Präsident Erdoğan standhaft bleibt und sich weiter als einsamer Wolf in der Wüste für ein freies Palästina siegreich einsetzen kann. Dazu wünsche ich ihm viel Kraft und Standhaftigkeit. Nächstes Jahr in einem freien Palästina.

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