Israelische Soldaten verletzen über 350 Palästinenser bei Gaza-Protesten

DAILY SABAH MIT DPA
GAZA, Palästina
Veröffentlicht 13.04.2018 00:00
Aktualisiert 13.04.2018 17:40
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Bei neuen Massenprotesten im Gazastreifen sind mindestens 363 Palästinenser durch israelische Soldaten verletzt worden. Einige hätten Schussverletzungen erlitten, andere Tränengas eingeatmet, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit.

Ein Sanitäterzelt sei direkt von einer Tränengasgranate getroffen worden, zehn Sanitäter hätten mit Atembeschwerden zu kämpfen gehabt.

Rund 10.000 Palästinensern nahmen nach Angaben der israelischen Armee an fünf Stellen entlang der Grenze an Protesten teil. Sie schwenkten demnach Palästinenserflaggen und verbrannten Reifen, um sich vor den Schüssen zu schützen.

Man «könne es einer Horde von Randalierern nicht erlauben, nach Israel einzudringen», sagte Israels Armeesprecher Jonathan Conricus.

Seit Ende März sind bei Massenprotesten entlang der Gaza-Grenze 34 unbewaffnete Palästinenser getötet worden, Hunderte erlitten Schussverletzungen. Ein ranghoher israelischer Militärangehöriger behauptete dennoch, die meisten der getöteten Palästinenser seien «Terroristen» gewesen. Auch der vor einer Woche getötete Fotojournalist Jassir Murtadscha habe ein Gehalt von der Hamas erhalten. Entsprechende Vorwürfe Israels waren von palästinensischer Seite vehement dementiert worden. Der Tod des Journalisten hatte weltweit für Empörung gesorgt. Darüber hinaus waren zahlreiche Aufnahmen von willkürlichen Erschießungen viral gegangen, die das völkerrechtswidrige Vorgehen Israels erneut untermauerten.

Israel hat Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen, es gehe zu hart gegen die Palästinenser-Proteste vor, trotzdem entschieden zurückgewiesen. Nach Angaben der Armee haben Soldaten Anweisungen, auf die Beine von Palästinensern zu schießen, sofern der Grenzzaun beschädigt oder eigene Soldaten gefährdet werden. Videos beweisen aber, dass auch Menschen fernab der israelischen Grenze erschossen werden.

Anlass des «Marsches der Rückkehr», der bis Mitte Mai dauern soll, sind die Feiern zum 70. Jahrestag der Gründung Israels. Für die Palästinenser bedeutet Israels Freudentag eine Katastrophe, weil 1948 Hunderttausende Palästinenser fliehen mussten oder vertrieben wurden. Ihre Häuser wurden damals enteignet und ihr Hab und Gut geraubt. Forderungen der heute rund fünf Millionen Flüchtlinge und Nachkommen auf ein «Recht auf Rückkehr» auf israelisches Staatsgebiet lehnt Israel ab.

Vor den neuen Protesten hatte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman die Einwohner des Gazastreifens und die dort herrschende Hamas zu einem Kurswechsel aufgerufen. «Ihr werdet uns niemals brechen», sagte Lieberman. «Ihr solltet anfangen, nicht mehr darüber nachzudenken, wie ihr den Staat Israel zerstören könnt, sondern wie ihr Seite an Seite mit Israel existieren könnt - das wäre besser für die Einwohner von Gaza, von Israel und die gesamte Region.»

Fünf ehemalige israelische Scharfschützen drückten in einem offenen Brief «Scham und Trauer» über die Vorfälle an der Gaza-Grenze aus. Die Mitglieder der Organisation Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) kritisierten in dem Schreiben «militärische Befehle, die es Scharfschützen erlauben, scharfe Munition auf unbewaffnete Demonstranten zu feuern». Sie fühlten «Scham über die Befehle, denen es an moralischem und ethischem Urteilsvermögen mangelt, und Trauer über die jungen Soldaten, die - wie wir sehr gut aus eigener Erfahrung wissen - für immer die Szenen mit sich herumtragen werden, die sie durch das Visier ihrer Gewehre gesehen haben».

Ein ranghoher israelischer Militärangehöriger wies die Vorwürfe trotz eindeutiger Faktenlage zurück. «Es wird versucht, unsere Scharfschützen in Verruf zu bringen - unsere Scharfschützen sind großartig.»

Im Westjordanland verübten indes mutmaßliche jüdische Extremisten in der Nacht zum Freitag einen Brandanschlag auf eine Moschee. Die Täter hätten die Eingangstür des muslimischen Gebetshauses in dem Dorf Akraba nahe Nablus in Brand gesetzt, teilte die israelische Polizei mit. Außerdem hätten sie in hebräischer Schrift die Worte «Rache» und «Preisschild» auf eine Wand gesprüht.

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