Human Rights Watch kritisiert neues Enteignungsgesetz in Syrien

AFP
BEIRUT
Veröffentlicht 29.05.2018 00:00
Aktualisiert 29.05.2018 15:12
AFP

Human Rights Watch (HRW) hat vor einem neuen Gesetz zur Enteignung von Haus- und Landbesitzern in Syrien gewarnt. Das als Dekret 10 bekannte Gesetz entspreche nicht internationalen Normen und drohe zu "Zwangsvertreibungen" zu führen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag. Das Gesetz erlaubt es dem syrischen Regime, in Stadtentwicklungsgebieten Eigentümer zu enteignen. Zum Ausgleich erhalten sie Besitzanteile.

Die bisherigen Eigentümer müssen jedoch ihre Ansprüche spätestens 30 Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung des Entwicklungsprojekts geltend machen. Es wird befürchtet, dass viele Kriegsflüchtlinge weder in der Lage sind, rechtzeitig bei den Behörden vorstellig zu werden, noch die nötigen Dokumente haben, um ihre Besitzrechte nachzuweisen. Damit droht hunderttausenden Flüchtlingen der Verlust ihres Besitzes.

HRW kritisierte, das neue Gesetz entspreche nicht dem Internationalen Pakt zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (ICESCR). Dieser verlangt, dass bei Enteignungen die Betroffenen rechtzeitig konsultiert werden und dass diese die Möglichkeit haben, vor Gericht ihre Rechte geltend zu machen. Die 30-Tage-Frist und die in dem Gesetz vorgesehenen Einspruchsmöglichkeiten seien nicht ausreichend, kritisierte HRW.

Dekret 10 sehe "weder ein ordentliches Verfahren noch eine Entschädigung vor, was einer Zwangsvertreibung und einer Enteignung für die Eigentümer gleichkommt, deren Eigentumsrechte nicht anerkannt werden", warnte die Menschenrechtsorganisation. Auch sei das neue Gesetz "eine erhebliche Hürde zur Rückkehr" der mehr als fünf Millionen Flüchtlinge im Ausland und der sechs Millionen Binnenvertriebenen.

"Länder und Geber, die den Wiederaufbau Syriens unterstützen, sollten die Hürden, die dieses Gesetz für die Rückkehr von Millionen vertriebenen Syrern stellt, zur Kenntnis nehmen", erklärte die HRW-Expertin für den Mittleren Osten, Lama Fakih. Deutschland, Libanon und andere Länder mit vielen syrischen Flüchtlingen haben das Gesetz bereits kritisiert, da sie befürchten, dass es die Flüchtlinge an der Rückkehr hindert.

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