Ägyptens Ex-Staatschef Mursi tot

MIT AGENTUREN
ISTANBUL
Veröffentlicht 18.06.2019 09:42
Aktualisiert 19.06.2019 11:42
Reuters

Der frühere ägyptische Präsident Mohammed Mursi ist während eines Gerichtsprozesses ohnmächtig zusammengebrochen und gestorben. Die ägyptische Staatsanwaltschaft ordnete nach eigenen Angaben eine Untersuchung an, um die Todesursache festzustellen.

Mursi war der erste frei gewählte Staatschef Ägyptens. Er wurde 67 Jahre alt. Aus Angst vor Protesten von Anhängern Mursis erhöhte das ägyptische Innenministerium die Alarmbereitschaft.

Mursi stand in einem Berufungsverfahren wegen angeblicher Spionage für Katar vor Gericht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sprach er am Montag noch rund fünf Minuten zum Richter. Danach habe er das Bewusstsein verloren und sei zu Boden gestürzt. Die Ärzte im Krankenhaus hätten nur noch seinen Tod feststellen können. Der Leichnam wies demnach keine neueren äußeren Verletzungen auf. Das ägyptische Staatsfernsehen berichtete, Mursi sei an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.

Er sei am Dienstag im Stadtteil Medinat Nasr im Osten der ägyptischen Hauptstadt im Beisein seiner Familie bestattet worden, sagte Anwalt Abdelmoneim Abdel Maksud der Nachrichtenagentur AFP. Das Totengebet sei zuvor im Krankenhaus des Tora-Gefängnisses gesprochen worden, in dem Mursi am Montag für tot erklärt worden war.

Mursi war im Juni 2012 als erster frei gewählter Präsident des nordafrikanischen Landes an die Macht gekommen. Er wurde damals Nachfolger von Langzeitherrscher Husni Mubarak, der im Februar 2011 nach Massenprotesten auf dem Kairoer Tahrir-Platz abtreten musste. Mursi Amtsübernahme verband sich mit der Hoffnung, dass Ägypten nach Jahrzehnten der autoritären Herrschaft der Übergang in die Demokratie gelingen könnte. Diese Hoffnungen wurden jedoch bitter enttäuscht. Am 3. Juli 2013 griff das Militär unter Führung des heutigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi ein. Nach einem Ultimatum setzte es Mursi bei einem Putsch ab und übernahm selbst die Macht am Nil. Proteste gegen den Sturz Mursis ließ die Armeeführung blutig niederschlagen.

Als einer der ersten internationalen Staatsführer kondolierte der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani - ein Verbündeter der Muslimbrüder und Erzfeind der jetzigen ägyptischen Führung. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan drückte sein Bedauern über den Tod des früheren ägyptischen Staatschefs aus.

Die Muslimbrüder warfen dem ägyptischen Staat vor, absichtlich für einen «langsamen Tod» Mursis gesorgt zu haben. «Sie haben ihn mehr als fünf Jahre in Einzelhaft gehalten, die Versorgung mit Medikamenten beschränkt und ihm schlechtes Essen gegeben», erklärte die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbrüder am Montag. Mursi war lange Mitglied der Muslimbrüder.

Zuvor hatte schon die Nahost-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), Sarah Leah Whitson, der Regierung vorgeworfen, sie habe es unterlassen, dem inhaftierten Mursi eine angemessene medizinische Versorgung zu gewähren. Weitere Menschenrechtsaktivisten übten ebenfalls ihre Kritik an den Haftbedingungen und forderten eine Untersuchung.

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