Türkei ruft Deutschland zur entschiedenen Haltung gegen Gülenisten-Terrororganisation auf

ANADOLU AGENTUR
BERLIN
Veröffentlicht 31.07.2016 00:00
Aktualisiert 31.07.2016 15:32

Nach dem gescheiterten Putschversuch des 15. Julis verstärkte die Türkei ihre diplomatischen Bemühungen, um Deutschland davon zu überzeugen, die Aktivitäten der deutschen Gülenisten-Institutionen einzuschränken.

Ufuk Gezer, ein hochrangiger türkischer Diplomat in Berlin, sagte, dass die Türkei von Deutschland erwartet, dass die notwendigen Schritte gegen diese Gruppe vorgenommen werden, seitdem es klar geworden ist, dass Fethullah Gülens Anhänger und die Gülenisten-Terrororganisation (FETÖ) für den Putschversuch verantwortlich waren.

„Die FETÖ stellt eine eindeutige Gefahr für das demokratische System dar", sagte er der Anadolu Nachrichtenagentur, und fügte hinzu, dass Ankara die Gruppe verboten und als terroristische Organisation bezeichnet hat.

„In Deutschland agiert die FETÖ unter dem Vorwand von Kultur- oder Bildungseinrichtungen. Wir stehen mit unseren deutschen Kollegen in Kontakt, um dieses Problem zu diskutieren", sagte er.

„Wir erwarten, dass sie in dieser Angelegenheit empfindlich sind. Sie sollen die verdeckten Aktivitäten dieser Institutionen unter genauer Beobachtung stellen und ihre nicht registrierten Spendenaktionen untersuchen", fügte er hinzu.

Gezer erklärte auch, dass die Türkei Deutschland dazu auffordert, die Verdächtigen auszuliefern, gegen die laufende Haftbefehle in der Türkei bestehen.

„Wir schicken unsere Auslieferungsanträge auf diplomatischem Wege", sagte er.

Ende letzten Jahres ersuchte Ankara die Auslieferung von zwei Gülenisten: Zekeriya Öz und Celal Kara, beide ehemalige Staatsanwälte. Medien berichteten zu dieser Zeit, dass sie nach Deutschland geflüchtet sind, nachdem ein fehlgeschlagener Plan den Staat zu stürzen bei Ermittlungen aufgedeckt wurde.

Deutsche Behörden erklärten, dass sie keine Informationen zum Verbleib der zwei Verdächtigen in Deutschland hatten.

Mehrere Verdächtige, die nach dem gescheiterten Putschversuch des 15. Julis verhaftet wurden, sagten aus, dass Hunderte von hochrangigen FETÖ-Mitglieder vor kurzem nach Deutschland geflohen sind.

Deutschland gehört zu den Ländern, in denen Gülenisten wichtige Aktivitäten durch Dutzende Privatschulen, Wirtschachftsverbände und Medienorganisationen durchführen.

Seit den 90er Jahren haben die Gülenisten mehr als 500 Organisationen in ganz Deutschland gegründet. Darunter sind mindestens 24 Schulen und viele Kultur-Stiftungen, laut eines 2014 Berichts des Bundesnachrichtendiensts in Baden-Württemberg.

Der 60-seitige Bericht warnte vor möglichen verborgenen religiösen Agenden der Gülenisten und kritisierte die mangelnde Transparenz der Organisationen. Der Bericht betonte auch, dass mehrere Experten vermuten, dass die Gruppe Schulen verwendet, um Kinder zu unterweisen und zu Elite-Muslimen aufzubringen. Diese wollen sie nutzen, um eine neu Gesellschaft aufzubauen.

Trotz des weit verbreiteten Verdachts sind die deutschen Behörden nur zaghaft gegen die Gülen-Aktivitäten vorgegangen. Sie betonten, dass sie nur dann tätig werden, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für Tätigkeiten bekommen, die gegen die Gesetze und Verfassung Deutschlands verstoßen.

Die Gülenisten haben darauf geachtet, dass sie bisher keine Kritik aus der deutschen Öffentlichkeit auf sich gezogen haben. Sie konzentrierten sich besonders auf den interreligiösen Dialog, wobei sie ein moderates Image an den Tag legten, um das Vertrauen der Medien, einflussreichen Kirchen und politischen Institutionen für sich zu gewinnen.

Die türkische Regierung vermutet, dass die Gülenisten vor kurzem ihrem Ziel näher kamen, den türkischen Staat vollständig zu steuern, indem sie ihre Mitglieder in wichtige Institutionen infiltrierten. Vor allem infiltrierten sie das Militär, die Polizei und die Justiz in ihrem langfristigen Plan, der in die 1980er zurückgeht.

Mehrere Politiker sagten, dass der tödliche Putschversuch des 15. Julis vorschnell von den Gülen-Anhängern im Militär organisiert wurde, nachdem sie Hinweise erhielten, dass laufende Ermittlungen gegen die Gülenisten zu massiven Inhaftierungen innerhalb des Militärs am 16. und 17. Juli führen würden.

Der Putschversuch wurde vereitelt als Zehntausende Menschen auf die Straße gingen, um die Regierung zu verteidigen. Bei den Ereignissen kamen mindestens 237 Menschen ums Leben und mehr als 2.000 wurden verletzt.

Etwa 13.000 Militärs, Beamte, Polizisten und Personal der Justiz wurden seit dem Putsch verhaftet. Zehntausende wurden von ihren Posten entfernt.

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