Bundestagswahl 2017: Große Koalition am Ende - AfD wird drittstärkste Partei

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 24.09.2017 00:00
Aktualisiert 24.09.2017 23:34
Bundestagswahl 2017: Große Koalition am Ende - AfD wird drittstärkste Partei

Die Regierungsparteien Union und SPD haben bei der Bundestagswahl schwere Verluste erlitten: Ihre Koalition ist am Ende, großer Gewinner ist die AfD. Die rechtspopulistische Partei wurde am Sonntag drittstärkste Kraft. Oppositionsführer wird die AfD aber nicht, da die SPD nicht in eine erneute Koalition mit der Union eintreten will. Die FDP kehrt in den Bundestag zurück. Die Grünen legten überraschend zu, auch die Linke konnte ihr Ergebnis leicht verbessern.

Die Unionsparteien verloren rund ein Fünftel ihrer Stimmen, sie wurden aber mit knapp 33 Prozent erneut stärkste Kraft. CDU und CSU hätten sich ein "besseres Ergebnis erhofft", räumte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein. Sie stellte aber klar: "Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden." Der Union stehen nun schwierige Verhandlungen mit Grünen und FDP bevor.

Die SPD will im neuen Bundestag die Rolle des Oppositionsführers übernehmen. "Mit dem heutigen Abend endet die Zusammenarbeit mit der CDU/CSU", kündigte SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz an. Bis zur Bildung einer neuen Koalition werde die bisherige Regierung aber im Amt bleiben.

Schulz will trotz des historisch schlechten Wahlergebnisses der SPD von knapp 21 Prozent Parteichef bleiben. Den Fraktionsvorsitz strebt Schulz aber nicht an, dafür ist die bisherige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im Gespräch.

Die AfD bekam rund 13 Prozent der Stimmen und holte laut einer Analyse des Instituts Infratest dimap für die ARD besonders viele Stimmen in Ostdeutschland. Damit zieht zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten eine Partei in den Bundestag ein, die sich am rechten Rand verortet.

Die AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel kündigten eine aggressive Oppositionspolitik an. "Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen", sagte Gauland. Als erstes wolle die AfD einen Untersuchungsausschuss wegen Merkels Flüchtlingspolitik durchsetzen, sagte Weidel.

Die Kanzlerin kündigte eine "in der Sache sehr harte" Auseinandersetzung mit der AfD im Bundestag an. Merkel sagte, sie wolle die Wähler der Partei zurückgewinnen und räumte Versäumnisse der eigenen Regierung ein: "Richtig ist, dass wir die Sorgen der Menschen noch nicht voll ausräumen konnten."

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kritisierte, "dass die Union auf der rechten Seite eine offene Flanke" gelassen habe. Die müsse durch eine Politik der "klaren Kante" wieder geschlossen werden. Laut einer vom Bayerischen Rundfunk zitierten Hochrechnung kam die CSU im Freistaat nur noch auf 38,7 Prozent.

Zur Bildung einer neuen Regierungskoalition muss die Union nun auf FDP und Grüne zugehen. Für eine solche Jamaika-Koalition müssten die Parteien aber erhebliche inhaltliche Differenzen überbrücken.

FDP-Chef Christian Lindner machte den Eintritt in eine Koalition davon abhängig, ob seine Partei Kernforderungen wie Steuersenkungen durchsetzen könne. Die Liberalen seien "nicht zum Regieren verdammt, aber bereit, Verantwortung zu übernehmen".

Die Grünen-Spitze zeigte sich grundsätzlich zu Gesprächen über eine Jamaika-Koalition bereit. "Wir werden die Einladung zu Gesprächen selbstverständlich annehmen", sagte Parteichef und Spitzenkandidat Cem Özdemir. Bedingung für eine Zusammenarbeit seien aber "klare Vorfahrt für den Klimaschutz", eine starke Stimme für Gerechtigkeit und der Kampf gegen den Rassismus.

Die FDP schaffte mit rund zehn Prozent den Wiedereinzug in den Bundestag. Grüne und Linkspartei legten jeweils leicht zu und landeten bei rund neun Prozent.

Dem neuen Bundestag werden somit sechs Fraktionen angehören - so viele wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr. Die Wahlbeteiligung lag bei 75 Prozent und somit höher als bei den zurückliegenden beiden Bundestagswahlen.

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