Nahles signalisiert Offenheit für Kooperation mit der Linken im Bundestag

AFP
BERLIN, Deutschland
Veröffentlicht 29.09.2017 00:00
Aktualisiert 29.09.2017 16:55
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Zwei Tage nach ihrer Wahl zur Fraktionschefin hat Andrea Nahles einen Schritt auf die Linkspartei zu gemacht. "Wir haben jetzt vier Jahre in der Opposition vor uns, und wir müssen uns über unsere gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie auf die eine oder andere Weise verständigen", sagte Nahles dem "Spiegel". Parteichef Martin Schulz rief die SPD-Mitglieder zur Erneuerung der Sozialdemokraten auf.

Nahles forderte ihre Partei auf, programmatisch fundamental neue Wege zu gehen und künftig auch eine deutliche Kapitalismuskritik nicht zu scheuen. "Wir haben es versäumt, die negativen Seiten der Globalisierung zu thematisieren", sagte sie. Die SPD müsse "wieder lernen, den Kapitalismus zu verstehen und, wo nötig, scharf zu kritisieren".

Zu einer Verständigung mit der Linken sagte Nahles weiter: "Dazu bin ich bereit." Sie rief allerdings zugleich die Linkspartei auf, ihrerseits einen Schritt auf die Sozialdemokraten zuzumachen und nicht länger als "Anti-SPD" aufzutreten.

Schulz schrieb in einem Brief an die Parteimitglieder, er wolle gemeinsam mit Nahles "den dringend notwendigen Neuanfang der SPD voranbringen". Zugleich übernahm er "als Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat die Hauptverantwortung" für die Wahlniederlage vom Sonntag. Einen Rücktritt lehnte er aber erneut ab. "Natürlich habe ich am Sonntagabend mit mir gerungen und mich gefragt, ob es nicht besser wäre zurückzutreten", räumte der SPD-Chef ein. Nach vielen Gesprächen sei er davon aber abgekommen.

Kritik übte Schulz an den Zeitabläufen bis zu seiner Nominierung: "Wie schon 2009 und 2013 haben wir auch dieses Mal beim Verfahren zur Bestimmung des Kanzlerkandidaten einen Weg gewählt, der uns zu wenig Zeit für die Vorbereitung der Kampagne gelassen hat." Der damalige Parteichef Sigmar Gabriel hatte im Januar den Weg für den Wechsel an der Parteispitze und die Nominierung von Schulz zum Kanzlerkandidaten freigemacht.

SPD-Vize Manuela Schwesig wies Berichte zurück, dass die SPD ihr Nein zu einer großen Koalition im Falle eines Rückzugs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überdenken könnte. "Spekulationen aller Art sind unnötig", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe). "Es gibt keine Hintertür."

Zuvor hatte der frühere SPD-Fraktionschef im ZDF gesagt: "Unser Platz ist in der Opposition, das ist eindeutig." Sollte Merkel sich zurückziehen, wäre dies jedoch "in der Tat eine neue Situation".

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte laut Medienberichten die Entscheidung der SPD-Spitze zum Gang in die Opposition als verfrüht kritisiert. Der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi forderte Schulz zum Rücktritt auf. Schwesig kritisierte solche Äußerungen von SPD-Altpolitikern in der "Rheinischen Post" als unangemessen.

Die SPD hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag das historisch schlechte Ergebnis von nur noch 20,5 Prozent erzielt. Noch am Wahlabend hatte Schulz daraufhin angekündigt, die Sozialdemokraten würden in die Opposition gehen. In einer Umfrage von Infratest Dimap für die "Welt am Sonntag" sprachen sich 54 Prozent für den Verbleib von Schulz an der Parteispitze aus, von den SPD-Anhängern sogar 75 Prozent.

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