SPD-Fraktionschefin Nahles attackiert GroKo-Kritiker: „Werde dagegenhalten"

DPA
BERLIN, Deutschland
Veröffentlicht 15.01.2018 00:00
Aktualisiert 15.01.2018 17:06
DPA

Knapp eine Woche vor dem Parteitag der SPD zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union spitzt sich der innerparteiliche Streit um die GroKo-Pläne zu.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warf den Gegnern einer großen Koalition auch in der eigenen Partei vor, dass ausgehandelte Sondierungsergebnis «mutwillig» schlechtzureden. «Da wird ein Ergebnis schlecht geredet von einigen, die egal, was wir verhandelt hätten, gegen die GroKo sind», sagte Nahles im Deutschlandfunk. «Das akzeptiere ich nicht, da werde ich dagegenhalten.»

Seit Abschluss der schwarz-roten Sondierungen ist in der SPD eine kontroverse Debatte zu den ausgehandelten Inhalten entbrannt. Ein SPD-Sonderparteitag wird am Sonntag darüber entscheiden, ob die SPD in Koalitionsverhandlungen mit der Union einsteigen wird. Sie könne als Sozialdemokratin mit einem guten Gefühl dafür werben, sagte Nahles. Die SPD habe in den Sondierungen viele Erfolge erreicht, etwa die Absicherung des Rentenniveaus.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte der «Bild»-Zeitung hingegen: «Das Sondierungsergebnis kann nur die Basis sein für Koalitionsverhandlungen. Es wird jetzt so getan, als sei alles schon verhandelt - das ist es mitnichten.» Stegner sagte in Kiel, er gehöre nach wie vor zu den Skeptikern einer neuen großen Koalition. Er rechne beim Parteitag aber mit einer Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. «Aber ich glaube, dass das schwierig sein wird, weil ich die Kritikpunkte für berechtigt halte.» Es lohne sich aber, weiter zu verhandeln.

Michael Groschek, der Vorsitzende des mächtigen SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, warnte davor, zu hohe Erwartungen zu wecken. «Natürlich ist das Sondierungspapier kein fertiger Koalitionsvertrag. Wir dürfen aber nicht mehr versprechen, als wir am Ende halten können», sagte er der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» und dem «Kölner Stadt-Anzeiger».

SPD-Chef Martin Schulz will am Abend in Dortmund bei der kritischen Basis in Nordrhein-Westfalen für die GroKo-Pläne werben. Die Nachbesserungsforderungen der SPD betreffen zum Beispiel die Einführung der Bürgerversicherung und ein Verbot der Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund.

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert, ein entschiedener Gegner einer neuen großen Koalition, hält das Ergebnis der Abstimmung auf dem Parteitag für offen. «Wetten würde ich im Moment keine abschließen», sagte er der «Berliner Zeitung». «Abseits der Parteiführung gibt es in der SPD aktuell ein extrem kontroverses Stimmungsbild», ergänzte Kühnert in der «Rheinischen Post».

Die SPD wird es im Fall einer neuen großen Koalition aus Sicht von Fraktionsvize Hubertus Heil leichter haben, sich von der Union abzusetzen. Man werde es «wahrscheinlich langfristig nicht mit Christdemokraten zu tun haben, die den Anschein erwecken, als seien sie eigentlich Sozialdemokraten», sagte Heil in Berlin mit Blick auf konservative Unionspolitiker wie Jens Spahn (CDU), Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer (beide CSU).

Die Union blockiert in der Frage von Nachverhandlungen. «Was jetzt als Konsens auch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, an dem gibt es nichts mehr zu rütteln», sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder der «Bild»-Zeitung. «Auch uns ist einiges schwergefallen, nicht nur der SPD.» CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München: «Man kann jetzt nicht einseitig nach der Sondierung aufsatteln mit Dingen, die man in der Sondierung nicht durchsetzen konnte.»

Seehofer zeigte aber auch Verständnis für die Debatte in der SPD. «Als langjähriger Politiker weiß ich, dass solche Prozesse in einer so gebeutelten Partei normal sind.» Er wünsche Schulz, dass er die Zustimmung auf dem Parteitag bekomme. «Für uns gilt der Vertrag, wir sind vertragstreu», sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. «Unsere Aufgabe ist nicht, Mehrheiten innerhalb der SPD zu organisieren.» Das müsse die SPD-Spitze schon selbst machen.

Der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder betonte: «Wir haben viele Dinge durchgesetzt, die anderen aber auch. Ich würde einfach nur jedem raten, dass man über die Erfolge spricht und nicht herummäkelt an diesem Ergebnis.»

Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die SPD muss sich entscheiden, ob sie sich selbst genügt oder dem Land dienen will.» Lehne die SPD den Einstieg in die Verhandlungen oder am Ende bei ihrem Mitgliederentscheid einen Koalitionsvertrag ab, «wird sie das Vertrauen der Menschen für sehr lange Zeit verspielen».

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen