GroKo-Verhandlungen geraten ins Stocken

DPA
BERLIN
Veröffentlicht 07.02.2018 00:00
Aktualisiert 07.02.2018 11:37
DPA

Auch nach gut 20 Stunden zähen Ringens auf der Zielgeraden zeichnet sich noch kein Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD ab.

Am Morgen hieß es aus Teilnehmerkreisen, es werde nach wie vor um Inhalte sowie um den Zuschnitt und die Verteilung von Ressorts gerungen. Ein Ende war zunächst nicht absehbar. Die drei Parteien wollten vor Weiberfastnacht an diesem Donnerstag den Koalitionsvertrag stehen haben. Am Morgen wurde aber auch nicht völlig ausgeschlossen, dass die Verhandlungen noch scheitern könnten.

Die drei Seiten hatten am Dienstag zum Start in die Schlussrunde betont, eine erneute Vertagung solle nach den zwei zusätzlichen Verhandlungstagen unbedingt vermeiden werden. Trotz einiger Annäherungen blieben die Gesundheits- und die Arbeitsmarktpolitik die zentralen Streitpunkte. Die Führung der Sozialdemokraten will vor allem mit Erfolgen in diesen Politikbereichen bei ihrer Basis für ein Ja zum Koalitionsvertrag werben.

Die SPD will weg von der «Zwei-Klassen-Medizin» von privat und gesetzlich Versicherten und hat dafür unter anderem eine Angleichung der Ärztehonorare für beide Versicherungsgruppen oder eine Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte im Auge. Bei der Arbeitsmarktpolitik ging es vor allem um eine deutliche Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse.

Sollte der Vertrag zwischen den drei Parteien zustandekommen, könnten in den nächsten Wochen 463.723 Sozialdemokraten darüber abstimmen. Die SPD gewann seit Jahresbeginn 24.339 Neumitglieder dazu. In der SPD hatten Gegner einer Neuauflage von Schwarz-Rot - allen voran die Jusos - mit dem Slogan «Tritt ein, sag nein» um neue Mitglieder geworben. Das Ergebnis des Mitgliedervotums könnte bereits am Wochenende 3./4. März bekannt gegeben werden.

Juso-Chef Kevin Kühnert begrüßte den Andrang auf die SPD: «In aller Bescheidenheit: Die Jusos nehmen gerne einen SPD-Toaster für besondere Verdienste um die Mitgliederentwicklung unserer Partei entgegen», schrieb er auf Twitter.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte vor der Schlussrunde Kompromissbereitschaft an: «Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen.» SPD-Chef Martin Schulz sprach vom «Tag der Entscheidung».

Nach einem der dpa vorliegenden Entwurf für den Koalitionsvertrag waren auch noch andere Punkte in der Endphase der Verhandlungen strittig. Dabei ging es unter anderem darum, ob Unternehmen Abstriche bei den Arbeitszeitregeln erlaubt werden sollen, wenn sie tarifvertraglichen Bestimmungen unterliegen.

In der Außenpolitik ging es um Rüstungsexporte sowie die Ausgaben für die Bundeswehr und die Entwicklungshilfe. Die Union will sich bei den Verteidigungsausgaben dem Nato-Ziel von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nähern (derzeit 1,2 Prozent). Für die SPD hat dagegen Priorität, 0,7 Prozent in die Entwicklungshilfe zu stecken (2016: 0,52 Prozent).

Kritik an den bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnissen kam von den Grünen. Ihr Vorsitzender Robert Habeck kritisierte in der Mediengruppe «Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung» (Mittwoch), Union und SPD wollten im wesentlichen die Politik der vergangenen Jahre fortsetzen, «nur nehmen sie ein bisschen mehr Geld in die Hand». Das reiche einfach nicht.

Ähnlich negativ äußerte sich die FDP über die Verhandlungsergebnisse: «Da gibt es keinen verbindenden Gedanken und keine langfristige Strategie, wie man Deutschland in einer Zeit des Wandels voranbringen will», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der «Passauer Neuen Presse».

Mittelstandspräsident Mario Ohoven kritisierte: «Schwarz-Rot hat sich mit viel Geld den Koalitionsfrieden erkauft. Damit folgt auf den wirtschaftspolitischen Stillstand der letzten Jahre schwarz-roter Rückschritt.» Der Mittelstand werde kaum entlastet, Deutschland nicht fit für die Zukunft gemacht. «Fazit: Die Abkürzung GroKo steht für große Kosten, wenig Zukunft und viel Vergangenheit.»

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen