Heftige Debatten in CDU und SPD über Posten in der GroKo

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BERLIN
Veröffentlicht 09.02.2018 00:00
Aktualisiert 09.02.2018 15:58
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Der Streit über die Postenvergabe in einer neuen großen Koalition wird sowohl bei der SPD als auch bei der CDU immer heftiger.

Bei den Sozialdemokraten wächst vor dem Mitgliederentscheid die Kritik über den geplanten Wechsel von Noch-Parteichef Martin Schulz ins Außenministerium, das bisher von Sigmar Gabriel besetzt wird. Gabriel warf Schulz «Wortbruch» vor. In der CDU werden die Stimmen lauter, die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung der Partei fordern. «Es brodelt eigentlich an allen Stellen», sagte der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, im Deutschlandfunk.

Der frühere SPD-Chef Gabriel rechnete angesichts seines drohenden Endes als Außenminister mit Schulz ab. «Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt», sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Welches Versprechen er meint, sagte er nicht. Gabriel hatte im Januar zugunsten von Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet, um Außenminister zu werden. Es wird seither kolportiert, dass Schulz ihm damals für den Fall einer neuen großen Koalition versprochen hat, dass er das Außenamt behalten darf.

Schulz hatte am Mittwoch erklärt, dass er selbst Außenminister werden will, obwohl er nach der Wahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett von Merkel einzutreten. Schulz wird nach dem anstehenden SPD-Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles abgeben.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte dem Radiosender Bayern 2 zur Kritik Gabriels: «Ich kann seinen Frust verstehen. Ich hätte an seiner Stelle aber nicht die gleiche Wortwahl und den gleichen Weg getroffen.» Die SPD-Linke Hilde Mattheis sagte bei NDR Info, die Äußerungen der SPD-Führung über Ministerämter kämen zur Unzeit, da könne man schon seinen Unmut kundtun. Zugleich forderte sie: «Wir müssen uns jetzt alle auf die inhaltliche Debatte konzentrieren.»

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht trotz des Unmuts keine Gefahr für das Mitgliedervotum. «Nein», sagte Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob die Personalie Schulz zur Belastung dabei werde. Es gehe um Inhalte. «Wir haben ein gutes Ergebnis mit überzeugenden sozialdemokratischen Inhalten verhandelt. Ich bin zuversichtlich, dass die Mehrheit der SPD-Mitglieder das auch so sehen wird.» SPD-Vize Ralf Stegner warnte seine Partei vor Personalstreit. «Ich glaube, dass wir gut beraten sind, darüber zu reden, um was es jetzt wirklich geht. Das ist die Zukunft Deutschlands und die Fragen, die in dem Koalitionsvertrag mit der Union eine Rolle spielen», sagte Stegner dem Sender NDR 1 Welle Nord.

Der SPD-Mitgliederentscheid wird vom 20. Februar bis 2. März stattfinden. Ausgezählt wird ab dem 3. März in der SPD-Zentrale. Der SPD-Nachwuchs beginnt am Freitag offiziell mit seiner Kampagne gegen eine neue GroKo. Juso-Chef Kevin Kühnert startet am Nachmittag in Leipzig eine bundesweite Auftrittsserie.

Die CDU will am 26. Februar auf einem Parteitag über eine neue GroKo abstimmen. Die parteiinterne Debatte nach der Einigung auf den Koalitionsvertrag nimmt an Fahrt auf. Im Zentrum der Kritik steht der Verlust des Schlüsselressorts Finanzen an die SPD. Die SPD, die bei der Wahl im September deutlich schwächer abgeschnitten hatte, bekommt daneben auch noch die besonders wichtigen Ministerien für Äußeres und Arbeit und Soziales.

Der frühere Unionsfraktions-Chef Friedrich Merz sagte der «Bild»-Zeitung: «Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben.» Der Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte dem Blatt: «Die CDU ist damit innerhalb des Regierungsapparats strukturell geschwächt und verliert an Einfluss.»

Der JU-Vorsitzende Ziemiak forderte noch vor dem CDU-Parteitag am 26. Februar von der Parteispitze um Merkel ein Zeichen der Erneuerung. Er sagte im Deutschlandfunk, zwar habe die CDU bei den Koalitionsverhandlungen inhaltlich vieles erreicht, etwa für Familien oder in der Migrationspolitik. «Aber nach der Ressortaufteilung ist die Stimmung nun mal in der Union sehr, sehr schlecht, und wir brauchen jetzt Zeichen der Erneuerung.» Die Union müsse sich wiederfinden auch in ihrer Aufstellung und ihrem Markenkern. Die CDU müsse daran interessiert sein, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Merkel aufzubauen. Dazu seien «neue oder frische Köpfe» in verschiedenen Positionen notwendig.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordneter Kai Wegner forderte eine inhaltliche und personelle Aufstellung der Partei. «Es rumort mächtig in der CDU», erklärte der stellvertretende Landesvorsitzende der CDU Berlin. Die Menschen hätten das Gefühl, dass die CDU keine Kernthemen mehr habe und ihre Grundüberzeugungen verkaufe. «Das ist gefährlich für die Volkspartei CDU.»

Die Union warnte außerdem den designierten SPD-Finanzminister Olaf Scholz vor einem Kurswechsel in der Finanzpolitik. «Die Union erwartet von einem zukünftigen SPD-Finanzminister, dass die Schwarze Null und die Schuldenbremse im Bundeshaushalt strikt eingehalten werden», sagte CDU-Experte Eckhardt Rehberg der dpa. Im Koalitionsvertrag seien prioritäre Maßnahmen für 46 Milliarden Euro vereinbart. «Für alles andere gilt ein klarer Finanzierungsvorbehalt.»

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