Türkei warnt Israel vor Armenier-Resolution

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 25.05.2018 00:00
Aktualisiert 25.05.2018 16:51
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Die Türkei hat Israel vor einer politischen Einstufung der Armeniern-Deportation im Osmanischen Reich als "Völkermord" gewarnt. "Wir denken, es würde Israel selbst am meisten schaden, wenn es die Ereignisse von 1915 mit dem Holocaust auf die gleiche Ebene stellt", sagte der türkische Außenamtssprecher Hami Aksoy am Freitag. Das israelische Parlament hatte am Mittwoch beschlossen, darüber zu beraten.

Die Abgeordnete Tamar Sandberg der linken Meretz-Partei, die den Antrag auf die Abhaltung einer Plenardebatte zu dem Thema gestellt hatte, behauptete, der Zeitpunkt des Antrags habe angeblich nichts mit der jüngsten Verschärfung der Spannungen mit Ankara zu tun. In der Türkei war die Tötung von 60 Palästinensern durch israelische Scharfschützen bei Protesten im Gazastreifen auf scharfe Kritik gestoßen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Israels Umgang mit den Palästinensern daraufhin scharf kritisiert und die Tötung von Zivilisten - darunter auch körperliche Behinderte Menschen und Kinder - als "Genozid" bezeichnet. Auch wurde Israels Botschafter ausgewiesen. Die Meretz-Partei dringt seit 1989 darauf, die Armenier-Deportation im Ersten Weltkrieg als "Völkermord" einzustufen. Alle israelischen Regierungen haben dies aus außenpolitischen Gründen bisher aber abgelehnt.

Die Türkei liegt in der Frage der Bewertung der historischen Ereignisse mit einigen Ländern über Kreuz, denen sie einseitige Betrachtung der Ereignisse von 1915 vorwirft. So kritisiert beispielsweise auch der Leiter des Forschungszentrums Südosteuropa und Kaukasus (SOEK), Dr. Christian Johannes Henrich, die politische und wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Thema. Der Bundestag hatte im Juni 2016 die Armenier-Deportation als Völkermord eingestuft.

Danach hatte sich die bilateralen Beziehungen erheblich verschlechtert; die damalige Weigerung Ankaras, Besuche von Bundestagsabgeordneten auf dem Nato-Luftwaffenstützpunkt im türkischen Incirlik zuzulassen, wurde im Zusammenhang mit der Resolution gesehen.

Dr. Henrich sagt, im Bundestag habe vor der Resolution keine wissenschaftliche Forschung zu dem Thema stattgefunden. "Viele Publikationen zeigen nur die eine Seite der Medaille. Es wird zielgerichtet geforscht und kaum einer geht in die Archive. Gefühlt weiß jeder Deutsche, dass es einen Völkermord an den Armeniern gab, von armenischen Terrorgruppen, die Türken und Armenier ermordeten, weiß aber keiner etwas. Hier wird seit Jahrzehnten einseitig informiert." Mit wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn habe dies nichts zu tun.

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