25 Jahre nach dem Anschlag von Solingen: Die Diskriminierung bleibt

DAILY SABAH MIT AGENTUREN
ISTANBUL
Veröffentlicht 29.05.2018 00:00
Aktualisiert 29.05.2018 13:11
DPA

25 Jahre nach dem fremdenfeindlichen Brandanschlag in Solingen zeigt sich Bundesaußenminister Heiko Maas besorgt darüber, dass Türken in Deutschland noch immer angefeindet werden.

„Es ist beschämend, dass auch heute noch viele, die selbst oder deren Eltern und Großeltern aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, Diskriminierungen im Alltag erfahren", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Türkische Zuwanderer seien in Deutschland nicht nur willkommen, sondern „ein Teil unseres Landes".

„Das Andenken an die Toten von Solingen bleibt ein Auftrag für uns alle - nicht zu vergessen, nicht wegzusehen und nicht zu schweigen", sagte Maas den Zeitungen.

Auch das türkische Außenministerium veröffentlichte anlässlich des Jahrestages des Anschlags von Solingen eine offizielle Erklärung. Die Türkei hoffe, dass sich solch eine Tragödie nie wieder ereigne. Auch wenn bereits ein Vierteljahrhundert vergangen sei, verfolge die Türkei den zunehmenden Anstieg von „Rassismus und Islamfeindlichkeit" in Europa mit Sorge.

Daher forderte das türkische Außenministerium „effektive Maßnahmen beim Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Islamfeindlichkeit". Dies seien Probleme, die alle Menschen beträfen. Hierbei sei auch die Rhetorik der Politiker von Bedeutung.

Am Dienstag sind zwei zentrale Veranstaltungen geplant. In Düsseldorf werden am Mittag (13.00 Uhr) Ansprachen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und von Mevlüde Genç (75) erwartet, die bei dem Anschlag zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu werden im Landeshaus reden.

In Solingen erwartet die Stadt mehrere Tausend Teilnehmer zur Gedenkfeier am Nachmittag (16.00 Uhr) am zentralen Mahnmal vor einer Schule. Dort werden Außenminister Heiko Maas (SPD), NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) und erneut der türkische Außenminister sprechen. Mevlüde Genç hatte bereits kurz nach dem Anschlag zu friedlichem Miteinander und Versöhnung aufgerufen.

In Solingen zündeten in der Nacht zum 29. Mai 1993 vier rechtsradikale Männer das Haus der Familie Genç an. Fünf Familienmitglieder starben. Der Anschlag in der nordrhein-westfälischen Stadt gilt als eine der folgenschwersten rassistischen Taten in der Geschichte der Bundesrepublik.

Zahlreiche Reaktionen aus der Politik

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) warnte vor Fremdenhass und Rassismus. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag) sagte sie: „Es ist beschämend, dass auch 25 Jahre danach Menschen in Deutschland immer noch wegen ihrer Herkunft, Religion oder ihrer sexuellen Orientierung bedroht und angegriffen werden." Damit dürften sich die Politik und die gesamte Gesellschaft nicht abfinden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief dazu auf, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus entschieden zu bekämpfen. Der Tag des Anschlags stehe auch für eine fortdauernde Aufgabe: „Er verdeutlicht die Verpflichtung unseres Gemeinwesens und unserer Institutionen, alle Bürgerinnen und Bürger zu schützen, gleich welcher Herkunft."

Ähnlich äußerten sich die Fraktionschefs der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter. Sie appellierten in einer Mitteilung: „25 Jahre nach Solingen braucht es einen neuen Aufschrei für Demokratie und gegen Rassismus."

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte der „Rheinischen Post" (Dienstag): „Wir brauchen eine Kultur des Widerspruchs, wenn Menschen diskriminiert und abgewertet werden. Wir brauchen eine Kultur von null Toleranz, wenn Menschen angegriffen werden."

Auch Pro Asyl äußerte sich anlässlich des Jahrestages und forderte die große Koalition zu einem entschiedenen Vorgehen gegen rechtes Gedankengut auf. „Die Bundesregierung darf nicht erneut den Fehler machen, auf die massive rassistische Stimmungsmache im Land mit politischen Zugeständnissen zu antworten, die rechten Gewalttätern ein Gefühl der Legitimität geben", erklärten Pro Asyl und die Amadeu-Antonio-Stiftung am Dienstag in Frankfurt am Main.

„Der Schutz von Geflüchteten, Migranten und Menschen mit Migrationsbiografie, das Recht auf Asyl und ein Bleiberecht für Betroffene rassistischer Gewalt müssen die Antwort auf rassistische Hetze sein", mahnten die Flüchtlingsorganisationen. „Statt sich schützend vor Minderheiten zu stellen, verhandelt die Bundesregierung die systematische Verhinderung des Zugangs zum individuellen Asylrecht in Europa."

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen