Merkel zu Trump: Lassen uns nicht über Tisch ziehen

DPA
BERLIN
Veröffentlicht 11.06.2018 00:00
Aktualisiert 11.06.2018 09:20
AFP

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat US-Präsident Donald Trump nach dem G7-Eklat mit einer entschiedenen Reaktion auf dessen Alleingänge gedroht.

«Wir lassen uns nicht ein ums andere Mal da irgendwie über den Tisch ziehen. Sondern wir handeln dann auch», sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD-Talksendung «Anne Will» mit Blick auf die von Trump verhängten Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimporte. Für den Fall, dass Trump wie geplant weitere Strafzölle auf deutsche Autos verhängen sollte, kündigte die Kanzlerin scharfe und wenn möglich europäische Gegenmaßnahmen an.

Trump sorgte am Sonntag mit seinem Ausstieg aus der zunächst gemeinsam beschlossenen Abschlusserklärung des G7-Gipfels für einen beispiellosen Eklat. «Die Rücknahme per Tweet ist natürlich ernüchternd und auch ein Stück deprimierend», sagte Merkel. Die Bundesregierung halte aber an dem Papier fest, es sei rechtskräftig.

Die FDP forderte von Merkel eine Regierungserklärung wegen des G7-Eklats. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sagte der dpa: «Sie muss dem Parlament erläutern, wie es nun nach dem beispiellosen Eklat bei diesem G7-Gipfel weitergeht. Die Nachbereitung eines solchen Gipfels im Parlament sollte der Normalfall sein. In einer solchen Ausnahmesituation ist das umso mehr zwingend geboten.»

Merkel sagte zu den Alleingängen Trumps, man müsse sich in der Politik entscheiden: «Nichtstun kann ein Risiko sein. Dass man als vollkommen erpressbar gilt.» Die Entscheidung Trumps habe sie in der Haltung bestärkt, sich noch mehr für eine einheitliche, starke Europäische Union einzusetzen, sagte Merkel. Auf die USA dürften sich Deutschland und Europa nicht mehr «etwas leichtfertig» verlassen. Ein Ende der Partnerschaft mit den USA sah Merkel trotz der protektionistischen Politik Trumps nicht. Es gebe gute Gründe, weiter für die transatlantische Partnerschaft zu kämpfen.

Der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit, Peter Beyer, bezeichnete den US-Ausstieg aus der G7-Abschlusserklärung als «diplomatisches Desaster». In der «Rheinischen Post» (Montag) schloss der CDU-Politiker aber eine neuerliche Kehrtwende des amerikanischen Präsidenten nicht aus. «Es ist inzwischen nicht mehr überraschend, dass Trump sprunghaft und unzuverlässig ist. Es kann sehr gut sein, dass er auch seine nachträgliche Abkehr vom Abschlussdokument wieder revidiert.» Die anderen sechs Industriestaaten müssten nun umso mehr zusammenhalten.

Ein Scheitern war zu erwarten», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), der «Passauer Neuen Presse» (Montag). «Wer gedacht hatte, Donald Trump mit guten Argumenten und Zureden zu einer anderen Handelspolitik bringen zu können, hatte unrealistische Erwartungen.» Röttgen sprach sich dagegen aus, das G7-Format nun aufzugeben. Es sei ein wichtiges Gremium «in einer chaotischer werdenden Welt».

Der Unions-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) sieht die G7 nach dem Gipfel in Kanada vorerst zur G6 geschrumpft. «So wie sich das Ganze angelassen hat, geht es natürlich ganz stark auf G6», sagte er «MDR Aktuell». Nach Kiesewetters Worten scheint Trump eher ein G2-Format mit dem russischen Staatschef Putin anzustreben. «Dagegen müssen sich die G6 wehren.» Es gehe darum, die regelbasierte Weltordnung aufrecht zu erhalten und mehr Europa zu wagen.

Der Linke-Politiker Oskar Lafontaine forderte die Rückkehr zum früheren Gesprächsformat der G8 mit Russland. «Ohne Russland gibt es keinen Frieden», sagte er der «Rheinischen Post» (Montag). Moskau war wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 aus der G8-Gruppe ausgeschlossen worden.

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