Hundert Tage „GroKo“: Bittere Bilanz

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 21.06.2018 00:00
Aktualisiert 22.06.2018 17:42
DPA

Nach ihren ersten hundert Tagen ist die große Koalition in einem schlechten Zustand: Der Streit der Unionsparteien um die Flüchtlingspolitik droht das Bündnis sogar zu sprengen. Die Oppositionsparteien stellen der "GroKo" ein fatales Zeugnis aus, auch aus der Wirtschaft kommt Kritik. Verbraucherschützer loben hingegen den Beschluss der Musterfeststellungsklage als "Meilenstein".

AfD

Aus Sicht von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sind die ersten hundert Tage der Koalition "hundert schwarze Tage für Deutschland". Sie verweist unter anderem auf die Flüchtlingspolitik und die Missstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Innern und die angespannten Beziehungen zu den USA und Russland im Äußeren. Weidel wirft Union und SPD zudem einen "verschärften Krieg" gegen die deutsche Autoindustrie vor, der den deutschen Wohlstands gefährde.

FDP

Die FDP habe ein "Weiter so" von der "GroKo" erwartet, gekommen sei aber ein "Schlimmer so", kritisiert Parteichef Christian Lindner. Große Vorhaben gebe es nicht. Der FDP-Chef wirft Union und SPD Fehler in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, auf europäischer Ebene und bei der Digitalisierung vor. Zudem werde in dem Bündnis mit einer Schärfe und Härte gestritten, mit der die FDP als Oppositionspartei gar nicht mithalten wolle.

Linke

Aus Sicht von Fraktionschef Dietmar Bartsch haben Union und SPD "einen Stotterstart mit Ansage" hingelegt. "Viel Gekeife und Gezeter - aber inhaltlich fast nichts bewegt." Gekommen seien von der großen Koalition allein die Erhöhung von Diäten und der Parteienfinanzierung, ergänzt durch "rechtes Wahlkampfgetöse" der CSU. "Die Bürgerinnen und Bürger haben mehr verdient."

Grüne

Für Grünen-Parteichef Robert Habeck ist die "GroKo" nach hundert Tagen bereits am Ende. Mit so einer "miserablen Performance" habe wohl niemand gerechnet, sagte Habeck im ZDF bezogen auf den Krach um die Flüchtlingspolitik. Besserung sei nicht in Sicht: "Die CSU wird nicht aufhören zu zündeln, bis die bayerische Landtagswahl vorbei ist." Dies sei alles zum Schaden der Demokratie.

Wirtschaft

Der Verband der Jungen Unternehmer wirft der "GroKo" vor, die falschen Prioritäten zu setzen: "Während andere Länder die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen verbessern, verkleinert die GroKo die Spielräume für Arbeitgeber, erhöht die Stromkosten, plündert die Rentenkasse und vernachlässigt die Zukunftsthemen." Zudem komme die Digitalisierung nicht voran, es fehle ein Einwanderungsgesetz für Fachkräfte, auch Steuerentlastungen für Unternehmen solle es nicht geben.

Verbraucherschützer

Der Verbraucherzentrale Bundesverband lobt die beschlossene Musterfeststellungsklage im "Handelsblatt" als "Meilenstein für den Verbraucherschutz", auch das geplante staatliche Tierwohllabel sei positiv. Kritisch sieht Verbandschef Klaus Müller jedoch, dass sich der Dieselskandal ausgeweitet habe. Die Organisation Foodwatch vermisst wirksame Initiativen bei den Themen Übergewicht und Zucker sowie beim Tierschutz.

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen