Steinmeier: „Keinerlei Illusionen“ vor Erdoğans Berlin-Besuch

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BERLIN
Veröffentlicht 25.09.2018 00:00
Aktualisiert 25.09.2018 09:39
AFP Archiv

Wenige Tage vor dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan warnt die deutsche Seite vor zu hohen Erwartungen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe «keinerlei Illusionen», was die Normalisierung der angespannten Beziehungen zur Türkei angehe, hieß es am Montag aus Kreisen des Präsidialamts in Berlin. Bis neues Vertrauen wachse, sei es «noch ein weiter Weg». Der Besuch werde aber dazu dienen, Chancen für Verbesserungen im deutsch-türkischen Verhältnis auszuloten.

Erdoğan kommt am Donnerstag auf Einladung Steinmeiers nach Deutschland. Der Staats- und Regierungschef trifft auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und reist am Samstag weiter nach Köln, um dort eine Moschee zu eröffnen. Er wünsche sich, die Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei «vollständig» hinter sich zu lassen, hatte Erdoğan am Wochenende gesagt.

Nachdem mehrere Politiker der Opposition ihre Teilnahme am Staatsbankett für Erdoğan aus Protest gegen dessen Politik abgesagt hatten, wurde am Montag bekannt, dass auch Kanzlerin Merkel beim Abendessen im Schloss Bellevue nicht dabei sein wird. Das bestätigten Kreise des Bundespräsidialamts. Zuvor hatte «Spiegel online» darüber berichtet. Eine Teilnahme der Kanzlerin an Banketten, zu denen der Bundespräsident einlädt, sei "nicht üblich", hieß es dazu aus dem Präsidialamt. Vielmehr sei die Kanzlerin "nur gelegentlich" bei solchen Anlässen dabei.

So war sie auch beim Essen für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping im Juli 2017 nicht dabei. Zudem treffe sie zweimal mit Erdoğan zusammen - am Freitagmittag und am Samstagvormittag.

Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir nimmt im Gegensatz zu anderen Vertretern seiner Partei am Staatsbankett teil. Zwar stehe außer Frage, dass Erdoğan eine solche Feierlichkeit nicht verdient habe, sagte er dem Berliner «Tagesspiegel». Mit seiner Teilnahme wolle er aber klarmachen: «Die Opposition in Deutschland gehört zur Politik dieses Landes dazu, wir sind ein fester und notwendiger Bestandteil unserer Demokratie.»

Bei seinem Besuch will Erdoğan auch führende deutsche Wirtschaftsvertreter treffen. Das bestätigte der Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Für die Türkei ist der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland das wichtigste Thema des Besuches.

Deutlich mehr als 4000 Polizisten sollen allein am Freitag in Berlin während des Besuchs im Einsatz sein. Die Berliner Polizei sucht noch Unterstützung in anderen Bundesländern und bei der Bundespolizei. Bisher sind zehn Kundgebungen und Demonstrationen gegen Erdoğan angemeldet.

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