Macron ruft zu Neubeginn in Europa auf

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 05.03.2019 15:08
Macron ruft zu Neubeginn in Europa auf

Weniger als drei Monate vor der Europawahl hat der französische Präsident Emmanuel Macron in einem flammenden Appell zum Schutz der Demokratie in Europa aufgerufen. Macron warnte in einem Gastbeitrag, der am Dienstag in der "Welt" und Tageszeitungen der anderen EU-Mitgliedsländer erschien, vor nationalistischer Abschottung und der Manipulation wütender Bürger. Ein "Neubeginn in Europa" müsse auf den drei Säulen "Freiheit, Schutz und Fortschritt" beruhen.

"Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr", erklärte Macron in dem Beitrag, mit dem er offenbar seine Kampagne für die Europawahl Ende Mai einläutete. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Nationalisten, die keine Lösungen anzubieten haben, die Wut der Völker ausnutzen. Wir dürfen nicht Schlafwandler in einem erschlafften Europa sein. Wir dürfen nicht weitermachen wie bisher", warnte er.

Macron sprach sich unter anderem für die Gründung einer "europäischen Agentur zum Schutz der Demokratie" aus. Diese sollte in jeden Mitgliedstaat Experten entsenden, um die Wahlen vor Hackerangriffen und Manipulationen zu schützen. Die wichtigste Freiheit in Europa sei die "demokratische Freiheit, unsere Volksvertreter zu wählen, während bei jeder Wahl fremde Mächte unser Wahlverhalten zu beeinflussen suchen".

"Im Sinne dieser Unabhängigkeit sollten wir auch die Finanzierung europäischer politischer Parteien durch fremde Mächte verbieten", schrieb Macron in dem Beitrag, der auch in den Zeitungen "The Guardian", "El País" und "Corriere della Sera" erschien.

Macron forderte zudem, den Schengen-Raum neu zu überdenken. "Ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft kann nur entstehen, wenn diese Grenzen hat, die sie beschützt", erklärte er. Der französische Präsident schlug "eine gemeinsame Grenzpolizei und eine europäische Asylbehörde" vor und forderte "strenge Kontrollbedingungen, eine europäische Solidarität, zu der jedes Land seinen Teil beiträgt, unter der Aufsicht eines Europäischen Rats für innere Sicherheit".

Er glaube "angesichts der Migration an ein Europa, das sowohl seine Werte als auch seine Grenzen beschützt". Europa sei in den Augen vieler Bürger ein "seelenloser Markt" geworden. Ein Markt sei zwar "nützlich", dürfe aber "nicht die Notwendigkeit schützender Grenzen und einigender Werte vergessen machen", mahnte er.

Mit Verweis auf Großbritannien erklärte Macron, der Brexit sei "ein Symbol für die Krise in Europa, das nicht angemessen auf die Schutzbedürfnisse der Völker angesichts der Umwälzungen in der heutigen Welt" reagiert habe. Über die Folgen des EU-Austritts seien die Briten nicht aufgeklärt worden. Die "Sackgasse des Brexit" müsse "eine Lehre für uns alle" sein.

Macron listete eine Reihe von Initiativen auf, mit denen die EU sich stärken soll. Er regte unter anderem eine Reform der Wettbewerbspolitik an und eine Neuausrichtung der Handelspolitik. Die EU solle "Unternehmen bestrafen oder verbieten, die unsere strategischen Interessen und unsere wesentlichen Werte untergraben, wie Umweltstandards, Datenschutz und eine Entrichtung von Steuern in angemessener Höhe". In strategischen Branchen und bei öffentlichen Aufträgen müssten europäische Unternehmen bevorzugt behandelt werden, "wie es unsere Konkurrenten in den USA und in China tun".

Auch im Bereich Arbeit und Soziales solle Europa wieder eine Vorreiterrolle spielen, forderte Macron. So müsse es für alle Arbeitnehmer eine soziale Grundsicherung geben, die "einen an jedes Land angepassten und jedes Jahr gemeinsam neu verhandelten europaweiten Mindestlohn" gewährleiste. Innovationen müssten stärker gefördert werden und Grundlage für das Handeln aller europäischen Institutionen müsse der Klimaschutz sein.

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