Europawahl: Blamage für große Koalition, Niederlage für Macron, Triumph für Kurz

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 27.05.2019 09:28
Aktualisiert 27.05.2019 09:35
Reuters

Vier Tage lang konnten mehr als 400 Millionen Menschen bei der Europawahl ihre Stimme abgeben.

Deutschland

Für die große Koalition endete der Urnengang bitter: Union und SPD verzeichneten ihre bislang schlechtesten Ergebnisse bei einer Europawahl. Laut Hochrechnungen von ARD und ZDF mussten sie deutliche Verluste hinnehmen. Die Union landete bei knapp 29 Prozent. Die SPD fiel auf unter 16 Prozent und damit hinter die Grünen auf Platz drei.

Die Grünen fuhren mit etwa 21 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl ein. Die AfD blieb hinter ihren Erwartungen zurück, erzielte aber mit knapp unter elf Prozent der Stimmen gut drei Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. FDP und Linkspartei kamen jeweils auf etwa 5,5 Prozent.

Frankreich

In einem äußerst knappen Rennen gegen die Partei von Präsident Emmanuel Macron wiederholten die Rechtspopulisten von Marine Le Pen ihren Sieg bei der Europawahl. Le Pens Rassemblement National (RN) kam laut ersten Prognosen auf rund 24 Prozent der Stimmen, während Macrons Partei La République en Marche etwa 22 bis 23 Prozent erzielte. Auf Platz drei landeten überraschend die Grünen vor den konservativen Republikanern von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy.

Bei der letzten Europawahl 2014 war Le Pens Partei - damals hieß sie noch Front National - mit 24,9 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft in Frankreich geworden. Macrons Partei wurde erst 2016 gegründet und stellte sich am Sonntag erstmals einer Europawahl. Die einstmals regierenden Sozialisten kamen den Prognosen zufolge nur auf rund sechs bis sieben Prozent.

Österreich

Die Europawahl wurde in Österreich überschattet vom Ibiza-Skandal und dem daraus folgenden Bruch der Regierungskoalition aus konservativer ÖVP und der rechtspopulistischer FPÖ. Die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz ging nun als klarer Sieger aus dem Urnengang hervor und holte laut Prognosen mit 34,5 Prozent mehr als sieben Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren.

Der FPÖ schadete dagegen das Enthüllungsvideo um ihren zurückgetretenen Parteichef Heinz-Christian Strache: Sie hatte vor dem Skandal in Umfragen bei 24 Prozent gelegen und kam letztlich auf 17,5 Prozent. Die sozialdemokratische SPÖ konnte nicht von den innenpolitischen Turbulenzen profitieren und lag mit 23,5 Prozent weit hinter der ÖVP. Die Grünen kamen auf 13,4 Prozent und die liberalen Neos auf acht.

Ungarn

Die rechtspopulistische Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban fuhr nach Auszählung fast aller Stimmen einen haushohen Sieg ein. Sie kam demnach auf 52,3 Prozent und damit auf etwas mehr Stimmen als bei der Europawahl 2014. Weit abgeschlagen dahinter lag die oppositionelle Demokratische Koalition mit 16,3 Prozent. Die liberale Partei Momentum kam bei ihrer ersten Europawahl aus dem Stand auf 9,7 Prozent der Stimmen.

Die Sozialisten stürzten um mehr als vier Prozentpunkte auf 6,6 Prozent ab. Die rechtsradikale Jobbik-Partei, die 2014 mit fast 15 Prozent noch auf Platz zwei in Ungarn gelegen hatte, fiel auf 6,5 Prozent zurück.

Polen

In Polen feierte die rechtsnationalistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) einen knappen Wahlsieg. Die Partei von Jaroslaw Kaczynski holte Prognosen zufolge 42,2 Prozent der Stimmen. Das pro-europäische Bündnis aus mehreren Oppositionsparteien kam demnach auf 39,1 Prozent. Die progressive Frühlingspartei errang 6,6 Prozent der Stimmen, ein rechtsextremes Bündnis 6,1 Prozent.

Griechenland

Die griechischen Wähler straften bei der Europawahl die linke Syriza-Partei von Regierungschef Alex Tsipras ab. Mit 25 Prozent der Stimmen lag sie in Nachwahlbefragungen weit abgeschlagen hinter der konservativen Oppositionspartei Nea Demokratia mit 33,5 Prozent. Die sozialdemokratische Kinal kam demnach auf 7,7 Prozent, gefolgt von der kommunistischen Partei KKE mit 5,5 Prozent. Die Rechtsextremisten der Goldenen Morgenröte fielen auf 4,5 Prozent.

Tsipras hatte die Europawahl im Vorfeld als "Vertrauensabstimmung" bezeichnet und angedeutet, je nach Ausgang der Europawahl am Sonntag vorgezogene Neuwahlen auszurufen. Regulär stehen im Oktober Parlamentswahlen an.

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