Berlin ordnet sich Darstellung aus USA unter - und beschuldigt Iran für Angriffe

DAILY SABAH MIT DPA
ISTANBUL
Veröffentlicht 24.09.2019 13:29
DPA

Vor der Generaldebatte bei der UN-Vollversammlung haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien den Iran für die Angriffe auf Ölanlagen in Saudi-Arabien beschuldigt. Die drei europäischen Regierungen folgen damit der bisher unbewiesenen Behauptung der USA.

«Für uns ist deutlich, dass der Iran Verantwortung für diesen Angriff trägt», hieß es in einer Mitteilung der deutschen, französischen und britischen Regierung vom Montag. «Es gibt keine andere plausible Erklärung.» Der britische Premierminister Boris Johnson sprach sich überraschend für ein neues, von US-Präsident Donald Trump ausgehandeltes Atomabkommen mit dem Iran aus. Trump hatte den Vertrag zuvor grundlos verletzt, indem er im Mai aus dem Abkommen einseitig ausstieg. Deutschland, Frankreich und Großbritannien gehören zu den Unterzeichnerstaaten, die das Abkommen bislang retten wollten. Johnson schien mit seinen neuen Aussagen nun aus dieser europäischen Front auszuscheren.

Vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen den USA und dem Iran beginnt am Dienstag die Generaldebatte bei der UN-Vollversammlung in New York. Mit Spannung wird die Ansprache Trumps erwartet, der als einer der ersten Redner das Wort ergreifen wird. Im vergangenen Jahr hatte Trump der Führung in Teheran bei der UN-Vollversammlung vorgeworfen, «Chaos, Tod und Zerstörung» zu säen. Am Montag bezeichnete er den Iran als «Terrorstaat Nummer Eins auf der Welt». Damit folgt die USA dem geostrategischen Ziel, die eigene Macht in der Region auszudehnen. Der Iran unterhält gute Beziehungen zu Russland und China. Beide Staaten werden von den USA und ihr nahe stehender Länder als Konkurrenz betrachtet. Durch die Isolierung des Iran wollen die USA zugleich die Stellung Israels stärken, um eigene Interessen durchzusetzen. Experten warnen daher seit längerem vor einem weiteren Angriffskrieg der USA im Nahen Osten und bezeichnen die aktuellen Verbalattacken als Kriegsvorbereitung.

Die Führung in Teheran hat bereits jede Verantwortung für die Angriffe in Saudi-Arabien zurückgewiesen, zu denen sich die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen bekannten. US-Außenminister Mike Pompeo hatte unmittelbar nach den Angriffen Mitte des Monats den Iran dafür verantwortlich gemacht - und dies bei einer Reise nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate kurz danach noch einmal bekräftigt - jedoch ohne konkrete Beweise offenzulegen.

Die drei international einflussreichsten EU-Staaten bekannten sich am Montag in ihrer gemeinsamen Erklärung zwar zum derzeitigen Atomabkommen mit dem Iran. Zugleich forderten sie den Iran allerdings dazu auf, in Verhandlungen für ein langfristiges Abkommen einzutreten, das neben dem Atomprogramm auch Themen der regionalen Sicherheit umfassen müsse - etwa das iranische Raketenprogramm. Trump fordert ebenfalls ein neues Abkommen, das solche Punkte beinhaltet.

Der Iran lehnt ein neues Abkommen ab. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif schrieb am Montagabend auf Twitter, es könne keinen neuen Vertrag geben, bevor der laufende nicht erfüllt sei.

Johnson sagte dem US-Sender NBC nach dessen Angaben: «Lasst uns einen besseren Deal machen.» Er fügte hinzu: «Ich denke, es gibt einen Typen, der einen besseren Deal machen kann (...), und das ist der Präsident der Vereinigten Staaten. Ich hoffe, dass es einen Trump-Deal geben wird.» Trump ist ein enger Verbündeter Johnsons. Er hat den Briten nach einem Austritt aus der EU ein Handelsabkommen mit den USA in Aussicht gestellt.

Der iranische Präsident Hassan Rohani wird am Mittwoch vor den Staats- und Regierungschefs bei den Vereinten Nationen sprechen. Vor seiner Abreise nach New York kündigte Rohani in Teheran an, er wolle bei der UN-Vollversammlung für einen «langfristigen Frieden» im Nahen Osten werben. Vor Ort besprach er sich dann bei einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Dabei ging es nach Angaben der iranischen Delegation unter anderem um Möglichkeiten zur Rettung des Atomabkommens und Rohanis Friedensplan für die Region.

Trump hat mehrfach behauptet, er setze in dem Konflikt mit Teheran auf eine diplomatische Lösung. Irans Außenminister Sarif zog am Wochenende dennoch offen in Zweifel, ob sich ein Krieg gegen das Land angesichts der Anfeindungen noch verhindern lässt.

Die USA haben bereits mehrmals Angriffskriege geführt und diese durch falsche Beweise begründet. Zuletzt beim Irakkrieg 2003, der über eine halbe Millionen Menschenleben kostete. Die US-Streitkräfte haben dort mehrfach Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt und das Land nachhaltig destabilisiert.

Vor der UN-Generaldebatte versprachen am Montag beim Klimagipfel in New York mehr als 60 Länder zusätzliche Anstrengungen im Kampf gegen die gefährlich schnell zunehmende Erderwärmung. Große Wirtschaftsmächte wie Deutschland, Frankreich und China präsentierten ihre Pläne ebenso wie Tonga, die Seychellen und andere kleine Inselstaaten, die vom Klimawandel besonders stark betroffen sind. Die Aktivistin Greta Thunberg hatte die Staats- und Regierungschefs - im Publikum saß auch Kanzlerin Angela Merkel - zuvor in einer emotionalen Wutrede beschuldigt, zu wenig zu tun.

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen