CHP-Chef Kılıçdaroğlu startet 400 Kilometer langen Protestmarsch

DAILY SABAH MIT AGENTUREN
ISTANBUL
Veröffentlicht 17.06.2017 00:00
Aktualisiert 17.06.2017 15:59
CHP-Chef Kılıçdaroğlu startet 400 Kilometer langen Protestmarsch

Der Vorsitzende der wichtigsten Oppositionspartei der Türkei hat Donnerstag einen 400-Kilometer-Marsch von Ankara nach Istanbul gestartet, einen Tag nachdem einer seiner Abgeordneten eine Gefängnisstrafe wegen Spionageaktivitäten erhielt.

Der Chef der „Republikanischen Volkspartei" (CHP), Kemal Kılıçdaroğlu, der von mehreren tausend Demonstranten begleitet wird, begann den Protestmarsch im Güvenpark am Kızılay Platz im Zentrum von Ankara.

Der Marsch ist als Protest gedacht, nachdem der Istanbul-Abgeordnete der CHP, Enis Berberoğlu zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er geheime Dokumente in der Presse öffentlich gemacht hatte. Berberoğlu wurde angeklagt, vertrauliche Aufnahmen von der polizeilichen Kontrolle der MIT-LKWs an den ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung „Cumhuriyet", Can Dündar und seinem Vertreter Erdem Gül, übermittelt zu haben. Der Polizeieinsatz wurde damals vom Gülenisten-Terrorkult (FETÖ) angeordnet und durchgeführt, um vermeintliche Waffenlieferungen der Regierung nach Syrien zu beweisen und damit die Regierung im In- und Ausland in Verruf zu bringen.

CHP-Abgeordnete kritisierten die Gerichtsentscheidung und beschrieben sie als politisch motiviert und als Mittel zur Einschüchterung der Opposition.

Berberoğlu wurde nach der Anhörung verhaftet und in das Maltepe-Gefängnis in Istanbul verlegt, dort ist auch das Ziel des 400-Kilometer Marsches von Kılıçdaroğlu. Der 68-jährige Politiker wird für den Weg voraussichtlich mindestens 20 Tage brauchen.

Bevor er auf seinen Marsch ging, sagte Kılıçdaroğlu, dass die Veranstaltung nichts mit einer politischen Partei zu tun habe. „Jeder, der Gerechtigkeit will, muss diesen Marsch unterstützen." Es gebe keine Gerechtigkeit in einem Land, in dem Gefängnisse überfüllt sind.

„Wir wollen nicht in einem Land leben, wo es keine Gerechtigkeit gibt", sagte Kılıçdaroğlu gegenüber Reportern.

Er wurde von CHP-Führungskräften und Unterstützern sowie Familienangehörigen begleitet.

Er beschuldigte zudem die Regierung, durch den Ausnahmezustand, ein „diktatorisches" Regime herbeigeführt zu haben. Jener wurde am 20. Juli 2016, kurz nach dem Putschversuch der FETÖ am 15. Juli, verhängt.

Viele Leute hielten Banner, winkten türkische Fahnen und trugen T-Shirts, die mit dem Wort „Gerechtigkeit" verziert waren. Andere trugen Plakate von Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der CHP.

Die Polizei hat im Güvenpark und auf der geplanten Strecke von Kılıçdaroğlu straffe Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, Sicherheitsbarrieren eingerichtet und die nahe gelegenen Straßen versiegelt sowie mit Bombenspürhunden die Gegend abgesucht.

Nachdem sich Kılıçdaroğlu zu einer bekannten Persönlichkeit in der Politik avancierte, wurde er, nicht zuletzt wegen seiner äußerlichen Ähnlichkeit, mit dem indischen Unabhängigkeitsführer Mahatma Gandhi verglichen. Man gab ihm den Spitznamen „Gandhi Kemal".

Die Marschentscheidung nach Istanbul wurde von einigen, auch leicht ironisch, mit Gandhis „Salzmarsch" gleichgesetzt.

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