Am Dienstag begann in Ankara der Prozess von insgesamt 486 Verdächtigen, die aufgrund ihrer mutmaßlichen Mitwirkung zum Putschversuch angeklagt wurden, im Vorfeld wurden strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Unter den Verdächtigen befinden sich auch hochrangige Mitglieder der Gülenisten-Terrorgruppe (FETÖ). Laut der Anklage wird ihnen vorgeworfen, aus dem Luftstützpunkt Akıncı in Ankara heraus den Putschversuch gesteuert zu haben. Von dort aus wurden in der Putschnacht strategische Standorte angegriffen, darunter auch das Parlament. Die Putschisten schreckten auch nicht davor zurück, auf die protestierenden Menschenmassen zu feuern.
Mit Gewehren bewaffnete Soldaten begleiteten die Angeklagten aus dem Gefängnis in Sincan. Barrikaden trennten die wütenden Menschenmengen unter denen sich auch die Angehörigen der Putsch-Opfer befanden. Sie riefen Slogans und forderten die Todesstrafe für die Angeklagten.
Kemal Batmaz, ein ehemaliger Geschäftsführer bei einem FETÖ-Konzern, war der erste, der in den Gerichtsaal gebracht wurde. Ihm folgten der ehemalige General Akın Öztürk und andere Putschisten in verschiedenen militärischen Rängen sowie zivile FETÖ-Mitglieder. Es wird erwartet, dass alle Angeklagten längere Gefängnisstrafen erhalten.
Die 461 Verdächtigen wurden festgenommen, als der Putsch verhindert wurde. Sieben Mitglieder der FETÖ, darunter der Chef der Terrorgruppe, Fetullah Gülen und Adil Öksüz, sind weiterhin auf der Flucht. Die übrigen Verdächtigen wurden bis zur Verhandlung freigelassen.
Der Gerichtssaal in Sincan ist mit 1.500 Plätzen der größte in der Türkei und war Schauplatz für weitere Prozesse in Verbindung mit dem Putschversuch.
Der Prozess begann mit der formellen Identifizierung der Angeklagten, wurde aber wegen Störungen bei den Gerichtscomputern unterbrochen. Während dessen beschimpften sich einige Kläger und Angeklagte gegenseitig.
Zahlreiche Personen, die zum Ziel der Putschisten wurden, darunter auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan, stellten ihren formellen Antrag, um als Nebenkläger zu dienen.
Es wird erwartet, dass der Prozess am 19. August weitergeführt wird. Es wird voraussichtlich mehrere Monate dauern bis ein Urteil gesprochen wird.
Öksüz, einer der führenden Drahtzieher, verschwand nach einer umstrittenen Freilassung. Gülen selbst residiert in den USA und weist jegliche Beteiligung am Putsch zurück. Doch Beweise, die nach dem gescheiterten Putschversuch ans Licht kamen, zeigten, dass Gülen den Putsch der FETÖ-Militärs genehmigt hatte.
Die Anklage behauptet, dass Gülen die „Nummer eins" ist - Öksüz und Kemal Batmaz werden als seine Komplizen bezeichnet.
Als der Putschversuch scheiterte, wurde Öksüz von den Sicherheitstruppen beim Akıncı -Luftstützpunkt festgenommen. Videoaufzeichnungen zeigen, wie sich Batmaz im Militärgebäude frei bewegt und dass manche Offiziere ihn grüßen. Batmaz war ein Geschäftsmann, der eine Firma der FETÖ führte, und ist einer der wenigen Zivilisten, die sich in der Nacht des Putschversuches auf dem Luftstützpunkt befanden. Der 4.658 seitigen Anklage zufolge, waren zehn Zivilisten an dem Putschversuch beteiligt.
Präsident Erdoğan, einige Minister und Abgeordnete gehören ebenfalls zu den Klägern. Erdoğan entkam während des Putschversuches einem Attentat und Kampfjets, die von dem Akıncı-Luftstützpunkt aus starteten, bombardierten das Parlament. Der Staatsanwalt sagte, dass elf F-16 Jets mehrere Standorte bombardierten, während zwei Flugzeuge versuchten die Menschen zu verschrecken, indem sie in Istanbul tief flogen und die Schallmauer durchbrachen, was zu explosionsartigen Geräuschkulissen führte.
Die ersten Prozesse zum Putschversuch begannen im Dezember 2016. Mehr als 50.000 Menschen wurden aufgrund ihrer Beteiligung an dem Putschversuch und ihrer Verbindungen zur FETÖ festgenommen oder verhaftet. Fast täglich führen Sicherheitskräfte Operationen durch, um Verdächtige zu fassen.
