„Istanbul – Ein Sezen Aksu-Liederabend“ im Bochumer Schauspielhaus

BURAK ALTUN @burakaltun_DS
ISTANBUL
Veröffentlicht 25.02.2019 17:30
Aktualisiert 25.02.2019 17:33
KORAY BERAT SARI, TORSTEN KINDERMANN, GREGOR HENGESBACH, JAN SEBASTIAN WEICHSEL, ROLAND RIEBELING KLAUS Foto: Diana Küster
KORAY BERAT SARI, TORSTEN KINDERMANN, GREGOR HENGESBACH, JAN SEBASTIAN WEICHSEL, ROLAND RIEBELING (KLAUS) Foto: Diana Küster

Wie wäre es gewesen, wenn damals nicht die Türken als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen wären, sondern umgekehrt, die Deutschen als Gastarbeiter in die Türkei? Eine humoristische und mit gefühlvoller Musik angehauchte Antwort darauf geben Regisseurin Selen Kara und Musiker Torsten Kindermann in ihrem aktuellen Stück „Istanbul – Ein Sezen Aksu-Liederabend". Am vergangenen Freitag fand die nahezu ausverkaufte Premiere im Bochumer Schauspielhaus statt. Die Idee dazu hatten die Beiden bereits 2015.

Die Aufführung schildert die Sehnsüchte, Ängste und Liebe von Menschen, die in der Ferne auf ein besseres Leben hoffen. Dafür steht stellvertretend Klaus (Roland Riebeling) aus Bochum, der seine Frau Luise (Tanja Schleiff) vorerst in der Heimat zurück lassen muss und sein Glück in Istanbul versucht. Denn bei dem Stück verläuft die Geschichte zweckentfremdet: Die Türkei ist wohlhabend und auf Arbeitskräfte angewiesen, Deutschland hingegen verarmt.

Für die Inszenierung dienen Erlebnisse und Geschichten von türkischen Gastarbeitern als Vorlage. Ernste Themen wie die Arbeitsbedingungen und ärztlichen Untersuchungen etwa, denen sich die Gastarbeiter unterziehen mussten, sind im Gedächtnis Vieler noch heute präsent und finden zurecht Beachtung bei der Vorstellung. Auch wenn die Personen fiktiv sind, die Situationen sind es meistens nicht. Vertauscht wird neben der Perspektive, lediglich nur das Alltägliche. Vermisst wird in einer Szene beispielsweise nicht der türkische Tee, sondern der deutsche Bohnenkaffee aus der Filtermaschine – und statt deutschem Korn oder Bier, finden die deutschen Gastarbeiter türkischen Rakı vor. Dies wird mit reichlich Witz dargestellt.

Mit dem Perspektivwechsel habe man eine „Identifikationsfigur für beide Seiten schaffen" wollen. „Denn obwohl sie seit Jahren hier zusammenleben, wissen sie manchmal viel zu wenig voneinander oder empfinden den Anderen immer noch als Fremd", so Regisseurin Kara zum deutsch-türkischen Verhältnis.

Neben der gut gelungenen Komik kommen auch die ernsten Gefühle zur Geltung. Klaus muss Frau, Kind und seinen geliebten Fußballverein, den VFL, in Bochum zurücklassen und kommt in ein Land, dessen Sprache ihm fremd ist – denn außer Deutsch, beherrscht er sonst keine andere.

Im Moment der totalen Verzweiflung erklingen dann die melancholischen Lieder von Sezen Aksu, vorgetragen von den deutschsprachigen Schauspielern - die das ganze erstaunlich gut hinbekommen. Parallel dazu erscheinen die Songtexte auf den Bildschirmen, samt deutscher Übersetzung. So fällt es auch den deutschen Zuschauern nicht schwer, sich in die Empfindungen einzufühlen.

Die Singles der türkischen Pop-Ikone unterstreichen jedoch nicht nur Trauer und Sehnsucht, sondern auch die Momente von Freude und Heiterkeit. Der Übergang von einem ins andere Extrem gelingt fließend.

Ismet (Daniel Stock) spielt die türkische Kontaktperson von Klaus, zu dem er ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. Bei ihm kann er seine Sorgen und Nöte aussprechen – für die aber auch Ismet keine befriedigende Lösung zu haben scheint. Dieser geht das Leben sichtlich entspannt an, so wie es der türkischen Mentalität entspricht. Und außerdem sind ihm die Sorgen der deutschen Gastarbeiter fremd, schließlich kennt er nicht das Gefühl, alleine in einem unbekannten Land Fuß fassen zu müssen.

Dann ist da noch die bildhübsche Ela (Raphaela Möst), die ein Auge auf Klaus geworfen hat und ihm ein wenig den Kopf verdreht. Später, nachdem Luise nach Istanbul zu ihrem Ehemann reist, ist sie verständlicherweise nicht so sehr begeistert von der umherziehenden Dame.

Das Stück hält allerei Überraschungen bereit - nicht nur auf der Bühne. So wurden am Abend der Premiere auch die Zuschauer Teil der Inszenierung, als sie von den Schauspielern kulinarische Köstlichkeiten gereicht bekamen. Diese wurden natürlich dankend aufgenommen.

Die nächsten Termine

Die Termine für den Liederabend im Bochumer Schauspielhaus stehen für das aktuelle Jahr bereits fest. Die Vorführungstage für 2018 werden noch bekanntgegeben.

SO 29.10.2017
19:00, Kammerspiele

MI 08.11.2017
19:30, Kammerspiele

FR 10.11.2017
19:30, Kammerspiele

SA 11.11.2017
19:30, Kammerspiele

MI 22.11.2017
19:30, Kammerspiele

SO 26.11.2017
19:00, Kammerspiele

SO 31.12.2017
17:00 - 19:00, Kammerspiele

SO 31.12.2017
20:45 - 22:45, Kammerspiele

Zu sehen im

Schauspielhaus Bochum
Anstalt des öffentlichen Rechts
Königsallee 15
44789 Bochum

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