Merkel lädt Konzernchefs zu Flüchtlingsgipfel ins Kanzleramt

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 14.08.2016 00:00
Aktualisiert 14.08.2016 12:31
DPA

Die deutschen Unternehmen stellen nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbar nicht genug Flüchtlinge ein. Merkel habe die Vorstandschefs der wichtigsten deutschen Konzerne zu einem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt eingeladen, berichtete die "Bild"-Zeitung am Wochenende. Die Kanzlerin wolle die Unternehmen dazu bewegen, mehr Lehrstellen und Jobs für Flüchtlinge anzubieten.

Das Treffen soll dem Bericht vom Samstag zufolge am 14. September stattfinden und eine bessere Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zum Thema haben. Die an der Initiative "Wir zusammen" beteiligten Unternehmen, darunter Siemens, Evonik, Opel, RWE und VW, sollen demnach auch über ihre bisherigen Aktivitäten in der Flüchtlingsarbeit berichten. Ein Regierungssprecher bestätigte den Bericht auf Anfrage nicht.

Vor der Sommerpause hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die mangelnde Bereitschaft in der deutschen Wirtschaft kritisiert, Angebote für Flüchtlinge bereitzustellen. Eine Umfrage unter 100 Unternehmen der Initiative "Wir zusammen" ergab nach Angaben der "Welt am Sonntag", dass sie bisher 449 Flüchtlinge fest angestellt haben.

Die Zahl der darüber hinaus von den an der Initiative beteiligten Firmen angebotenen Praktikumsplätze liegt demnach bei mehr als 3200, gut 1800 davon sind vergeben. Außerdem bieten die Unternehmen mehr als 700 Ausbildungsstellen für Flüchtlinge an. 534 davon sind bereits mit Migranten belegt. Seit Februar wuchs der Zahl der an der Initiative beteiligten Firmen nach Angaben des Netzwerks von 36 auf mittlerweile 113 Unternehmen.

Linken-Parteichef Bernd Riexinger rief Merkel auf, bei dem Treffen von den Konzernen nicht nur mehr Einsatz für Flüchtlinge, sondern mehr gesellschaftliche Verantwortung insgesamt einzufordern. "Merkels 'Wir schaffen das' muss sich endlich auch an private Konzerne richten", sagte Riexinger der Nachrichtenagentur AFP. "Eine Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik ist dringend notwendig."

Eine Million Langzeiterwerbslose und mehr als vier Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Beziehende seien der Beweis dafür, "dass die Konzerne offenbar ohne Druck nicht bereit sind, Menschen mit erhöhtem Ausbildungsbedarf eine Chance zu geben", kritisierte Riexinger. "Millionen Menschen sind erwerbslos, qualifizierte Flüchtlinge werden nicht eingestellt und die Konzernchefs schwadronieren über einen Mangel an Fachkräften. Unglaubwürdiger geht es nicht."

"Die Bundeskanzlerin hat die Aufgabe, die wirtschaftlich und politisch mächtigen Konzerne in die Pflicht zu nehmen: Die Entscheidungen großer Unternehmen dürfen sich nicht länger an den Renditewünschen statt am Wohl der Allgemeinheit orientieren", sagte Riexinger. "Es ist höchste Zeit für mehr Demokratie, auch in der Wirtschaft."

Unternehmen in Deutschland profitierten "massiv" von Steuererleichterungen und hervorragenden Produktionsbedingungen, fügte der Linken-Parteichef hinzu. "Sie müssen im Gegenzug gesellschaftliche Verantwortung übernehmen."

Er erwarte sich von dem Treffen im Kanzleramt aber "nicht allzu viel", so lange die Bundesregierung "mit schlechtem Beispiel vorangeht, indem sie Langzeiterwerbslose mit Ein-Euro-Jobs und Geflüchtete für 80 Cent die Stunde gegeneinander ausspielt", sagte Riexinger. Die Bundesregierung hat die Schaffung von 100.000 Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge angekündigt, um Geflüchtete an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen. Die Flüchtlinge sollen eine Entlohnung von 80 Cent pro Stunde erhalten.

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