Wissenschaftler züchten aus Mäuse-Stammzellen Proto-Embryo ohne Spermien und Ei

AFP
PARIS, Frankreich
Veröffentlicht 03.05.2018 00:00
Aktualisiert 03.05.2018 16:41
AFP

Erstmals haben Wissenschaftler im Labor aus Stammzellen embryo-ähnliche Strukturen erzeugt, ohne dabei Spermien oder Eizellen einzusetzen. Bei den Versuchen wurden Stammzellen von Mäusen verwendet, wie in einer am Mittwoch in der renommierten Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie beschrieben wird. Die Plazenta- und embryonalen Zellen hätten sich selbst zu einer Art Proto-Embryo organisiert. In Mäuse eingepflanzt, hätten sie Schwangerschaften eingeleitet.

Das Verfahren habe nicht zum Ziel gehabt, lebensfähige Embryonen hervorzubringen, was auch nicht geschehen sei, heißt es in der Studie. Gleichwohl biete es wichtige Einblicke in die Frühphase des Lebens und die Befruchtung.

Nicolas Rivron von der Universität Utrecht sprach von einem "Durchbruch" in die "Black Box der frühen Schwangerschaft". Denn in der Frühphase habe ein Embryo den Durchmesser eines menschlichen Haares. In der Gebärmutter sei er daher für eine Untersuchung völlig unzugänglich. Studien-Ko-Autor Clemens van Blitterswijk, ein Pionier der Gewebezüchtung, sprach von einem Weg hin zu einer "neuen biomedizinischen Disziplin".

"Diese frühen Embryonen haben alle Zelltypen, die für die Bildung eines ganzen Organismus erforderlich sind", sagte Rivron. "Sie werden uns dabei helfen, die verborgenen Prozesse am Beginn des Lebens zu verstehen, Lösungen für Fruchtbarkeitsprobleme zu finden und neue Medikamente ohne Labortiere zu entwickeln."

Derzeit gehen rund zwei Drittel der künstlichen Befruchtungen schief - die meisten von ihnen bei der Einpflanzung der Embryonen in die Gebärmutter. Auch kleinste Fehler in der embryonalen Entwicklung, die später zu Diabetes- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führten, könnten so genauer betrachtet werden.

Den Forschern um Rivron gelang es, die Zellen dazu zu bringen, sich selbst zu sogenannten Blastoiden zu organisieren. In ein solches Stadium tritt eine befruchtete Eizelle bei der Embryogenese nach wenigen Tagen ein, wenn sich im Zellgefüge der Morula mit Flüssigkeiten gefüllte Zwischenräume bilden, die dann etwa vier Tage nach der Befruchtung zur Blastozystenhöhle verschmelzen.

Die Experimente ahmten diese Prozesse nach, wobei die Stammzellen sich selbst arrangierten. In einem natürlichen Embryo kommunizierten die Zellen auf dreidimensionale Weise miteinander "in einer Sprache, die wir kaum verstehen", sagte Rivron. Die embryonalen Zellen hätten in den Versuchen die Plazentazellen angeleitet sich zu vervielfachen, zu organisieren und in die Gebärmutter einzunisten.

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