Obama begnadigt Wikileaks-Informantin Manning

AFP
WASHINGTON
Veröffentlicht 18.01.2017 00:00
Aktualisiert 18.01.2017 11:46
Reuters

Die frühere Wikileaks-Informantin Chelsea Manning wird nach einem Beschluss des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama am 17. Mai vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Obama gewährte der wegen Spionage zu 35-jähriger Haft verurteilten Manning in einer seiner letzten Amtshandlungen einen deutlichen Strafnachlass, wie das Weiße Haus am Dienstag mitteilte.

Manning ist der bekannteste Name auf einer Liste von 64 Begnadigungen und 209 Straferlässen, die Obama zu Ende seiner am Freitag ablaufenden Amtszeit gewährte. Der im russischen Exil lebende Geheimdienstinformant Edward Snowden, über dessen Begnadigung spekuliert worden war, steht nicht darauf.

Manning hatte sich im Gegensatz zu Snowden an den US-Präsidenten gewandt und um ihre frühzeitige Entlassung gebeten. Die transsexuelle Informantin, die als Mann unter dem Namen Bradley Manning bekannt geworden war, sitzt seit sechs Jahren in Isolationshaft im Militärgefängnis in Fort Leavenworth im Bundesstaat Kansas ein.

Bürgerrechtsaktivisten hatten die 35-jährige Haftstrafe als viel zu harsch kritisiert und dabei auch auf den mental fragilen Zustand der 29-Jährigen verwiesen. Nach Angaben der Unterstützer versuchte sie in der Haft zwei Mal, sich das Leben zu nehmen. Der jetzige Beschluss Obamas könnte Manning "ganz buchstäblich das Leben retten", sagte Chase Strangio von der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU.

WikiLeaks feierte die vorzeitige Haftentlassung Mannings als großen Erfolg. "SIEG", hieß es in Großbuchstaben in einer Botschaft der Enthüllungsplattform im Internetdienst Twitter. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßte die Entscheidung. Snowden twitterte: "In fünf Monaten wirst du frei sein. Danke für alles, was du für alle getan hast." Der linke Regisseur Michael Moore twitterte ein großes "DANKE" an Obama.

Auch Wikileaks-Gründer Julian Assange begrüßte die Entscheidung. "Im Namen der Demokratie und zum Wohle des Rechtsstaates muss die Regierung ihren Krieg gegen Whistleblower und Veröffentlicher wie Wikileaks und mich sofort beenden", forderte er zudem in einer Erklärung. Er dankte all denen, die sich für eine Begnadigung Mannings eingesetzt hätten. Manning bezeichnete er als "Heldin"

Assange hatte Mitte Januar nach Angaben der Enthüllungsplattform in Aussicht gestellt, im Fall einer Begnadigung der Mannings seiner Auslieferung in die USA zuzustimmen. Vertreter des Weißen Hauses betonten jedoch, zwischen Obamas Entscheidung und Assanges Äußerung bestehe kein Zusammenhang.

Assange hält sich seit Mitte 2012 in Ecuadors Botschaft in London auf. Der 45-jährige Australier war in die Botschaft geflohen, um einer Festnahme durch die britische Polizei und schließlich einer Auslieferung an Schweden zu entgehen, wo er zu Vergewaltigungsvorwürfen befragt werden sollte. Er befürchtet, dass ihm in den USA wegen der Veröffentlichung hunderttausender geheimer US-Dokumente durch Wikileaks eine lange Haftstrafe drohen könnte. Offiziell wurde er in den USA jedoch bislang nicht beschuldigt.

Manning hatte gestanden, beim Militäreinsatz im Irak insgesamt rund 700.000 vertrauliche Armeedokumente sowie Depeschen der US-Diplomatie von Militärrechnern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt zu haben. Nach eigenen Angaben wollte sie damit eine öffentliche Debatte über die Kriege in Afghanistan und im Irak anstoßen.

Die US-Regierung war immer darauf bedacht gewesen, zwischen dem Fall Manning und dem Snowdens zu unterscheiden. Im Gegensatz der von einem Militärgericht verurteilten und geständigen Manning sei der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden "in die Arme eines Gegners geflohen" und habe "Zuflucht in einem Land gefunden, dass erst vor Kurzem gezielt versucht habe, unsere Demokratie zu schwächen", sagte Obamas Sprecher Josh Earnest mit Blick auf russische Hacker-Attacken im US-Wahlkampf. Snowdens Taten seien "viel schwerwiegernder und gefährlicher".

Kritik an Obamas Entscheidung kam aus den Reihen der Republikaner. Senator John McCain bezeichnete die Haftverkürzung als "schweren Fehler", die "andere zu Spionage und Schwächung der militärischen Disziplin verleiten" könne. Parlamentspräsident Paul Ryan bezeichnete die Entscheidung als "schlicht skandalös".

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