Untersuchungen gegen Cumhuriyet eingeleitet

DAILY SABAH
ISTANBUL
Veröffentlicht 31.10.2016 00:00
Aktualisiert 31.10.2016 17:35
AP

Die türkische Polizei startete jetzt Ermittlungen gegen die Cumhuriyet-Zeitung. Die Herausgeber sollen Terrororganisationen unterstützt haben. Am Montag wurde der Chefredakteur Murat Sabuncu vorerst festgenommen.

Weiterhin wurden noch 17 weitere Angestellte und Journalisten der Zeitung in Gewahrsam genommen. Darunter soll auch der Vorstandsvorsitzende Akın Atalay gewesen sein. Er soll sich zu dem Zeitpunkt im Ausland aufgehalten haben. Auch der Finanzchef Günseli Özaltay wurde festgenommen.

Zwölf Personen, darunter Gremiumsmitglieder wie Bülent Utku, Eser Sevinç, Mustafa Kemal Güngör und Önder Çelik, sowie ein ehemaliges Mitglied des Vorstandgremiums Bülent Yener, Kolumnisten und Journalisten wie Hikmet Çetinkaya, Aydın Engin, Güray Tekin Öz, Turhan Günay, Hikmet Aslan und Hakan Karasinir sowie der Karikaturist Musa Kart wurden von der Polizei festgenommen. Eines der Gremiumsmitglieder Orhan Erinç wurde aufgrund seines hohen Alters nicht abgeführt. Seine Aussage soll von zu Hause aus aufgenommen werden. Der Journalist Kadri Gürsel wird noch von der Polizei gesucht.

Ein Bericht der Istanbuler Staatsanwaltschaft erklärte, dass die Untersuchungen eingeleitet wurden, da den Vorständen der Cumhuriyet, Nähe zum Gülenisten Terrornetzwerk sowie zu den Terroristen der PKK vorgeworfen wird. Unter anderem wird den Herausgebern die Legitimierung eines Putschversuches vorgeworfen fehlt ein Verb? J– noch vor dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli.

Der ehemalige Chefredakteur Can Dündar wurde bereits im Mai zu fünf Jahren und 10 Monaten Haft verurteilt. Dündar hatte zuvor Staatsgeheimnisse der Öffentlichkeit preisgegeben. Gegen Dündar wurde ein Haftbefehl eingeleitet. Später hob das Verfassungsgericht die Haftstrafe vorerst auf. Dündar hält sich derzeit in Deutschland auf.

Die Mitglieder der Zeitung protestierten gegen die Untersuchungen. Anwälte der führenden Oppositionspartei, die republikanische Volkspartei (CHP), darunter Vizeparteiführer Erdoğan Toprak und die Istanbuler Vertreter Barış Yarkadaş, Mahmut Tanal, Selina Doğan und Sezgin Tanrıkulu demonstrierten vor dem Hauptredaktionsgebäude der Cumhuriyet. Eine kleine Gruppe von Anhänger der PKK-nahen Demokratischen Partei der Völker (HDP) versammelte sich vor dem Gebäude.

Die Cumhuriyet-Zeitung wurde 1924 gegründet und ist eine der ältesten noch aktiven Zeitungen der Türkei. Sie wird als Flaggschiff der türkischen Presse angesehen.

Lange folgte die Zeitung säkularen und linksgerichteten republikanischen Strukturen, Vereinzelt spiegelten sich auch Phasen von nationalistischem Inhalte in der Zeitung wider. In den letzten Jahren aber wurde ansteigend auf prokurdische Inhalte – nicht selten im Einklang mit pro-PKK-Texten – gesetzt.

Seitdem die Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AK-Partei) 2002 an die Macht gekommen ist, gehörte die Cumhuriyet zur mächtigsten Oppositionszeitung.

Die Fronten zwischen der Zeitung und der Regierung verhärteten sich als im Mai Dokumente mit Staatsgeheimnissen publik gemacht wurden. Die Regierung sah die Veröffentlichung als illegal an: Sie hätten damit die Türkei in Weltöffentlichkeit bloßstellen wollen.

Gemeinsam mit dem ehemaligen Chefredakteur Dündar wurde auch der Ankara-Korrespondent Erdem Gül in der gleichen Sache zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Bei dem am 15. Juli vereitelten Putsch wurden 246 Menschen getötet und 2.200 verletzt.

Die Regierung beschuldigt den Gülenisten-Terrorkult (FETÖ) als Drahtzieher hinter dem gescheiterten Putsch. Anhänger der Terrororganisation schleusten sich in sämtliche Staatsorgane ein, um so die Regierung unterwandern zu können. Ein sogenannter Parallelstaat sollte die Regierung zum Sturz bringen. Beim Putschversuch aber verteidigte die türkische Bevölkerung einen erfolgreichen Putsch und stellte sich gegen die Panzer auf die Straße.

Fetullah Gülen, Anführer des Terrorkults, lebt seit 1999 im Exil in Pennsylvania.

Derzeit ist in der Türkei als Nachwirkung auf den gescheiterten Putsch der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Dieser wurde ab dem 19. Oktober für weitere drei Monate verlängert.

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