Geheimdienstchefs fordern mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden

AFP
BERLIN
Veröffentlicht 05.10.2017 00:00
Aktualisiert 05.10.2017 16:13
DPA

Die Chefs der deutschen Geheimdienste haben ihre erste öffentliche Anhörung im Bundestag für einen Ruf nach mehr Befugnissen und einer besseren Ausstattung genutzt. Inhaltlich brachte die Befragung durch das für die Geheimdienstkontrolle zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) kaum neue Erkenntnisse. Immer wenn es konkret geworden sei, seien die Antworten "sehr einsilbig und unergiebig" ausgefallen, kritisierte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele nach der Sitzung.

Die Geheimdienste benötigten "einen vollen Werkzeugkasten, mit dem wir in der Lage sind, die Probleme von heute zu lösen", sagte der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen. Vor allem das Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Sicherheit dürfe "nicht statisch und schon gar nicht dogmatisch" gesehen werden.

Gefragt nach seiner Wunschliste nannte Maaßen unter anderem einen besseren Zugriff auf die Kommunikationsdaten von Messenger-Diensten wie WhatsApp. Außerdem hätte der Verfassungsschutzchef gerne, dass die Geheimdienste "die gesamte Telefonkommunikation" von der Daesh-Hochburg Raka nach Deutschland überwachen könnten.

Die Sicherheitslage sei heute "wesentlich komplexer" als noch vor einigen Jahrzehnten, sagte Maaßen. Die "größte Bedrohung" sei dabei der Terrorismus. Außerdem sei ein Anstieg von gewaltbereitem Rechts- und Linksextremismus sowie der Cyberspionage zu verzeichnen.

Auch der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, verwies darauf, dass die deutschen Geheimdienste "aktuell vor großen Herausforderungen, wenn nicht vor den größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte" stünden. Kahl nannte dabei vor allem die sich immer schneller verändernden technischen Möglichkeiten durch die Digitalisierung.

"Wir müssen aufpassen, dass wir als Dienste mit dieser Entwicklung Schritt halten", mahnte der BND-Chef. Maaßen und Kahl sprachen sich für offensive Cyberfähigkeiten der Geheimdienste aus, um etwa vor einer befürchteten Attacke einen verdächtigen Server ausschalten zu können.

Der Bundestag hatte vergangenen Oktober beschlossen, dass das für Geheimdienstkontrolle zuständige PKGr einmal jährlich eine öffentliche Anhörung veranstaltet. Neben Kahl und Maaßen befragten die Abgeordneten am Donnerstag auch den Leiter des Militärischem Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm.

Der Linken-Politiker und stellvertretende PKGr-Vorsitzende André Hahn beklagte nach der Sitzung, dass sich die Geheimdienstchefs nicht für die "Pannen und Skandale der letzten Jahre" entschuldigt hätten. "Das war eine vertane Chance", sagte er. Auch Hahn kritisierte, dass die Antworten meist im Ungefähren blieben - was allerdings nicht zuletzt der Geheimhaltungspflicht für vertrauliche Vorgänge geschuldet war.

Bei Fragen zur vom Verfassungsschutz lange übersehenen Mordserie des rechtsextremen NSU verwies Maaßen vor allem auf den verbesserten Informationsaustausch, mit dem derartige Geschehnisse künftig verhindert werden sollen. Zur Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA erklärte Kahl, dass sein Haus gerade die jüngste BND-Reform umsetze und die Abschöpfung von Kommunikationsdaten nun "sehr viel genauer" steuere.

MAD-Chef Gramm musste sich vor dem Hintergrund des Falls Franco A. derweil insbesondere zum Rechtsextremismus in der Bundeswehr äußern. Der Ende April festgenommene Bundeswehr-Offizier hatte ein Doppelleben als syrischer Flüchtling geführt und soll gemeinsam mit Komplizen einen rechtsextremen Anschlag geplant haben.

Nach Bekanntwerden der Affäre habe es aufgrund vermehrter Meldungen zwar einen "massiven Anstieg" bei Verdachtsfällen im Bereich des Rechtsextremismus gegeben, sagte Gramm. Die Zahl der erkannten Extremisten liege aber weiter auf dem Niveau der Vorjahre. Ein "Hort des Rechtsextremismus" sei die Bundeswehr keineswegs, betonte er.

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