Verfassungsschutzbericht 2017: PKK steigert Spendeneinnahmen – Rechtsextremismus-Gefahr immer noch hoch

DPA

Am Dienstag hat Innenminister Horst Seehofer den Verfassungsschutzbericht für 2017 vorgestellt. Darin wird der PKK nach wie vor ein hohes Gefährdungspotenzial zugeschrieben. Steigende Spendeneinnahmen und zunehmende Radikalisierung prägen das Bild der PKK in Deutschland. Beim Rechtsextremismus sieht der aktuelle Bericht eine rückläufige Tendenz hinsichtlich der Aktivitäten und Straftaten. Die Gefahr, die von der rechten Szene für die Gesellschaft ausgehe, sei aber nach wie vor hoch.

Die Hauptaktivitäten der PKK werden im Bericht auf drei Faktoren aufgeteilt: „Der Sorge um die Haftsituation und den Gesundheitszustand des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan", „den Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Militär in der ´Heimatregion` sowie dem Kennzeichenverbot für PKK-Symboliken".

Die Kämpfe zwischen dem türkischen Militär und den PKK-Terroristen hielten – so die neusten Erkenntnisse - zwar an, „erreichten jedoch nicht die Intensität des Vorjahres."

Im Vorfeld des Referendums hätten „auch die im Bundesgebiet lebenden PKK-Anhänger ihre Bemühungen, Wahlberechtigte innerhalb der kurdischstämmigen Bevölkerung zu einer Stimmabgabe gegen die Verfassungsänderung zu mobilisieren," intensiviert. Weiter heißt es: „So wurde beispielsweise Ende Januar 2017 ein überwiegend von PKK-Aktivisten und PKK-nahen Organisationen getragenes europaweites Bündnis, die Plattform <‚nein' in="" europa"="">>, gegründet, deren Ziel der Zusammenschluss aller Gegner Erdoğans war. In diesem Kontext wurde die ,Hayır´-Kampagne initiiert, an der sich sodann auch regionale Bündnisse (,Plattformen`) beteiligten."

Den gescheiterten Putschversuch in der Türkei sehe die PKK primär als „innertürkischen" Konflikt. Daher seien bei der „PKK und ihr nahestehender Gruppierungen auch anlässlich des ersten Jahrestages keinerlei Aktivitäten oder Reaktionen zu verzeichnen" gewesen.

Besondere Gefahr gehe von der in der Türkei aktiven PKK-Splittergruppe „Freiheitsfalken Kurdistans" (TAK) aus. Die seit 2006 EU-weit verbotene Gruppe habe „am 6. Juni 2017 in einer in türkischer und englischer Sprache veröffentlichten Erklärung verkündet, ihren Kampf in der Türkei zu intensivieren." Potenzielle Anschlagsziel seien „alle Metropolen und Tourismusgebiete" in der Türkei.

Durch die Konkretisierung des Kennzeichenverbots sei klargestellt worden, welche Symbole vom PKK-Verbot umfasst sind, „darunter die Kennzeichen und Symbole der syrischen PKK-Schwesterorganisation

Die Darstellungen mit dem Abbild Öcalans seien in diesem Kontext ebenfalls von Kennzeichenverbot umfasst, da diese einen „erheblichen Emotionalisierungseffekt" hervorrufen würden.

Nach wie vor indoktriniere und rekrutiere die PKK in Deutschland „zumeist jugendliche Anhänger für den bewaffneten Kampf." Dabei seien „insbesondere die Jugendorganisation der PKK

Die in Deutschland rekrutierten Jugendlichen würden durch PKK-Kader auf ihre Tauglichkeit für den bewaffneten Kampf geprüft. Ein Teil davon reise in den Nordirak aus; „von dort werden sie dann weiter in ihre jeweiligen Zielgebiete gebracht." Fallbeispiele würden zeigen, dass die Rekrutierten tatsächlich militärisch ausgebildet und auch eingesetzt werden.

Insgesamt seien bereits mindestens 230 Personen aus Deutschland in „Kampfgebiete" ausgereist, von denen die meisten durch die PKK rekrutiert worden seien.

Die Gewalttaten beschränkten sich jedoch nicht nur auf Konfliktgebiete um Ausland. PKK-Jugendorganisation hätten immer wieder zu Aktionismus und Gewalttaten aufgerufen. In diesem Rahmen sei es unter anderem zu Anschlägen auf Vereinsgebäude der Union Deutsch-Türkischer Demokraten (UETD) und anderer Einrichtungen von Türkeistämmigen gekommen.

Die PKK versuche aber dennoch nach außen hin einen friedlichen Eindruck zu vermitteln. Im Bericht heißt es wörtlich: „Die PKK in Europa hat in den vergangenen Jahren mehrere Namensänderungen vorgenommen, um nach außen hin den Eindruck einer politischen und demokratischen Neuausrichtung zu erwecken. Dadurch versucht sie, sich von dem Makel einer Terrororganisation zu lösen. Trotz der mehrfachen Ankündigung der Einführung interner demokratischer Strukturen hält die Organisation an ihrer autoritären Führung mit einem Kaderprinzip fest. Demokratieansätze, wie etwa die Einbeziehung der Basis in Entscheidungsabläufe, wurden auch im Jahr 2017 weder auf struktureller noch auf personeller Ebene realisiert."

Die PKK habe seine Organisationsstruktur in Deutschland mit „neun Regionen und 31 Gebieten mit jeweils einem Führungsfunktionär an der Spitze beibehalten". Die verantwortlichen Führungsfunktionäre seien damit beauftragt, „organisationsinterne Anweisungen und Vorgaben zur Umsetzung an nachgeordnete Ebenen" weiterzuleiten. Örtlichen kurdischen Vereine dienen laut Bericht den Anhängern der Organisation als Treffpunkt und Anlaufstelle. Als Dachverband der Vereine fungiere nach wie vor das „Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V." (NAV-DEM).

Bei den Spendeneinnahmen erzielte die PKK im Jahr 2017 einen Gewinn von 14 Millionen Euro – etwa 1 Million mehr als im vorherigen Jahr. „Sie konnte damit ihre Spendeneinnahmen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifachen." Der Anfang 2017 gestartete Anti-Terror-Einsatz der Türkei im nordsyrischen Afrin zur Bekämpfung des syrischen PKK-Ablegers YPG wird neben dem Kampf gegen Daesh als Hauptgrund für den deutlichen Anstieg der Spendengelder betrachtet.

Die Einnahmen der PKK würden „vor allem für den Unterhalt der Organisation und des umfangreichen Propagandaapparats in Europa eingesetzt, dienen zum Teil aber auch der Unterstützung in den Kampfgebieten."

Die finanziellen Aktivitäten der PKK in Deutschland und Europa würden von der Kadereinheit „Wirtschafts- und Finanzbüro" (EMB) „gesteuert und kontrolliert".

Die Medienpropaganda betreibe die PKK hauptsächlich über die Nachrichtenagentur ANF. Diese ziele darauf ab, „in Deutschland lebenden Kurden insgesamt im Sinne der Organisation zu beeinflussen und ihren Alleinvertretungsanspruch" durchzusetzen. PKK-Funktionäre hätten zudem die Möglichkeit, auf verschiedenen Plattformen ihre Propaganda zu verbreiten. Daneben diene auch das Internet als wichtiges Sprachrohr.
Weiter heißt es zum Gefährdungspotential: „Die PKK ist nach wie vor die mitgliederstärkste und schlagkräftigste ausländerextremistische Organisation in Deutschland. Sie ist in der Lage, Personen weit über den eigenen Kreis der Anhängerschaft hinaus zu mobilisieren. Die zeitnahe Ausrichtung einer hohen Zahl von Protestveranstaltungen im Oktober 2017 unterstrich erneut das erhebliche Mobilisierungspotenzial der PKK. (...) Die Übergriffe auf die Polizei belegen aber die nach wie vor vorhandene Bereitschaft der PKK, auch in Deutschland gewaltsam gegen exekutive Maßnahmen vorzugehen, wenn diese essenzielle Interessen der PKK betreffen. Derartige Reaktionen sind auch in Zukunft in vergleichbaren Situationen zu erwarten."

Im Gegensatz dazu glaubt der aktuelle Verfassungsschutzbericht eine rückläufige Tendenz bei den Aktivitäten rechtsextremer Parteien und Organisationen zu erkennen. So sei die Zahl der Demonstrationen von 466 auf 202 zurückgegangen. Dies sei unter anderem durch den Rückgang der Zuwanderung bedingt.

Auch die Gewalttaten seien rückläufig: „Nachdem die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten in den Jahren 2015 (1.408) und 2016 (1.600) angestiegen war, ging diese im Jahr 2017 deutlich auf 1.054 zurück."

Diese Tendenz reduziere jedoch nicht das Gefährdungspotenzial von Rechtsextremen, wie man anhand von „schwere Gewalttaten gegen Asylbewerberunterkünfte, bei denen rechtsextremistische Täter die Verletzung von Personen bis hin zu deren Tod in Kauf nehmen."

Die Gewaltbereitschaft in der rechtsextremistischen Szene sei nach wie vor hoch. Sinkende Gewalttatenzahlen dürften nicht über das anhaltend hohe Gefährdungspotenzial hinwegtäuschen.

Hintergrundinfo zur Terrororganisation PKK:

Die PKK wird von der Türkei, den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Die marxistisch-leninistisch orientierte Organisation führt seit ihrer Gründung im Jahr 1978 einen bewaffneten Kampf gegen befeindete Gruppen und den türkischen Staat. Hauptziel ist eine Abspaltung von der Türkei und die Errichtung einer ideologischen Selbstverwaltung auf türkischem Hoheitsgebiet. Dafür setzt die PKK hauptsächlich terroristische Mittel ein. Ihre internationalen Ableger verfolgen ähnliche Ziele in ihren Ursprungsländern.

Als die größten Leidtragenden des ideologisierten PKK-Terrors gelten neben den türkischen Staatsbediensteten insbesondere die kurdischen und örtlichen Bevölkerungsteile in der Türkei und anderen Staaten, wo die PKK und ihre internationalen Ableger aktiv sind. Bisher forderten die Terroranschläge und Ermordungen der PKK mehr als 40.000 Todesopfer. Darüber hinaus setzte die PKK auf erpresserische Methoden, um etwa Zwangsrekrutierungen und Enteignungen durchzuführen.

Die PKK ist seit 1993 in Deutschland verboten, dennoch ist sie bundesweit nach wie vor aktiv. Mitglieder der Organisation nutzen Europa und insbesondere Deutschland als Rückzugs- und Rekrutierungsgebiet. Obwohl vom BfV als Schwesterorganisation der PKK bestätigt, sind die „Volksschutzeinheiten" (YPG) und die „Partei der Politischen Union" (PYD) sowie andere PKK-Untergruppen, in Deutschland immer noch nicht verboten.

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