Des Betrugs überführter „Spiegel“-Journalist Relotius gibt Auszeichnungen zurück

AFP
HAMBURG
Veröffentlicht 20.12.2018 00:00
Aktualisiert 20.12.2018 13:45
EPA

Der zahlreicher Fälschungen überführte "Spiegel"-Journalist Claas Relotius hat seine vier renommierten Deutschen Reporterpreise zurückgegeben.

Das teilte die Jury der vom Deutschen Reporterforum vergebenen Auszeichnung am Donnerstag in Hamburg mit. Er habe sich per SMS bei ihr gemeldet und dies mitgeteilt. Er kam einer möglichen Aberkennung zuvor. Die Jury beriet seit Mittwoch über Konsequenzen.

Der "Spiegel" hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass der 33-jährige preisgekrönte Redakteur Reportagen ganz oder teilweise systematisch gefälscht hatte. Er habe dabei Charaktere, Zitate und Begebenheiten erfunden oder die Biografien von realen Protagonisten verfälscht. Relotius schrieb für den Verlag seit 2011 knapp 60 Texte, seinen Angaben zufolge sind mindestens 14 betroffen. Der "Spiegel" kündigte umfassende Aufarbeitung an. Das Ausmaß der Fälschungen sei bisher noch unklar.

Relotius war bekannt für sehr aufwändige Reportagen über besondere Menschen, die zugleich politische und gesellschaftliche Probleme beleuchten. Von den Fälschungen betroffen sind laut "Spiegel" auch mehrere seiner preisgekrönten Erzählungen - darunter die Reportage "Löwenjungen" über zwei angeblich von der Terrororganisation Daesh entführte irakische Kinder und der Text "Nummer 440" über einen vermeintlich im US-Straflager Guantanamo inhaftierten Terroristen.

Der "Spiegel" bezeichnete die Vorgänge als "Tiefpunkt" in seiner 70-jährigen Geschichte. Aufgedeckt wurden die Fälschungen demnach durch einen anderen Mitarbeiter, der mit Relotius gemeinsam eine Geschichte recherchierte und Ungereimtheiten bemerkte. Der Verlag kündigte an, seine Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen auf den Prüfstand zu stellen. Das bisherige System sei "lückenhaft".

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen