Mai-Kundgebungen in ganz Deutschland

DAILY SABAH MIT DPA
LEIPZIG
Veröffentlicht 01.05.2019 16:07
Reuters

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, hat zur Schaffung gleicher Lebensverhältnisse in Ost und West aufgerufen. Bis heute sei das Politik und Unternehmen nicht gelungen, sagte Hoffmann bei der zentralen DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Leipzig.

Der Gewerkschaftschef forderte zudem einen Zukunftspakt für Ostdeutschland, der mehr öffentliche Investitionen ermöglichen soll. Es dürfe nicht sein, dass im Osten längere Arbeitszeiten gelten als im Westen Deutschlands. «Der Kampf um die 35-Stunden-Woche muss auch hier im Osten gewonnen werden», sagte Hoffmann auf dem Leipziger Markt. Dort hatten sich nach dpa-Schätzung rund 1500 Menschen versammelt. Die bis 2024 geplante Angleichung der Rente in Ost und West komme zu spät. «Das geht auch schneller. Das muss man politisch nur wollen», sagte der DGB-Chef.

Den Gewerkschaften sei es immerhin gelungen, in den Betrieben, die Tariflöhne zahlten, die Lohnlücke zwischen Ost und West nahezu zu schließen. Allerdings sei es auch «bittere Realität» im Osten, dass nur 44 Prozent der Beschäftigten Tariflöhne erhielten. In Westdeutschland seien es 57 Prozent.

Hoffmann forderte zudem, dass Kommunen, Länder und der Bund Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben dürfen, die Tariflöhne zahlen. Es sei ein Unding, dass mit öffentlicher Förderung Lohndumping unterstützt werde. «Damit muss Schluss sein.» Die öffentliche Hand vergibt laut DGB jährlich Aufträge im Wert von 500 Milliarden Euro.

Bei der Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Berlin liefen nach ersten Schätzungen rund 8000 Teilnehmer in Richtung Brandenburger Tor, wie eine Sprecherin sagte.

Dort ist eine Kundgebung geplant. Unter dem Motto «Europa. Jetzt aber richtig!» hatte die Gewerkschaft zu der Veranstaltung aufgerufen.

Traditionell mobilisiert die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Der «Tag der Arbeit» wird seit fast 130 Jahren begangen. In Deutschland gab es am 1. Mai 1890 erstmals Massendemonstrationen.

Linke Gruppen haben in Berlin und Hamburg zu «Revolutionären 1. Mai-Demos» aufgerufen. Die Veranstaltung in der Hansestadt steht unter dem Motto «Gemeinsam gegen Ausbeutung in die revolutionäre Offensive». Dahinter steht der sogenannte Rote Aufbau. Angemeldet sind 1000 Teilnehmer. In Berlin sind am Mai-Feiertag mehrere Demonstrationen und das große Straßenfest «Myfest» im Ortsteil Kreuzberg geplant. Für den Abend haben Linksautonome die sogenannte Revolutionäre 1. Mai-Demonstration angekündigt. Nach der abendlichen Demonstration mit teilweise mehr als 10 000 Teilnehmern hatte es früher regelmäßig Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben, wobei es zu zahlreichen Festnahmen kam. Am Mai-Feiertag werden in der Hauptstadt knapp 5500 Polizisten im Einsatz sein, darunter auch Beamte aus anderen Bundesländern.

Mit einem massiven Sicherheitsaufgebot rüstet sich die französische Hauptstadt Paris gegen befürchtete Ausschreitungen am Tag der Arbeit. Im Netz kursierten für den 1. Mai Aufrufe zum Widerstand gegen die Politik Macrons. Ähnlich wie bei den «Gelbwesten»-Protesten in den vergangenen Wochen sind Demonstrationen an wichtigen Orten der Hauptstadt verboten - dazu zählen die Prachtmeile Champs-Élysées, der Präsidentenpalast und die Gegend rund um die bei einem Brand schwer beschädigte Kathedrale Notre-Dame.

Die SPD warb derweil in ihrem Aufruf zum 1. Mai für «ein Europa der guten Arbeit und sozialen Sicherheit». Gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen müssten überall in Europa verwirklicht werden. Dazu gehörten Mindestlöhne, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, mehr Rechte für europäische Betriebsräte und ein Sofortprogramm, das jeder und jedem unter 25 Jahren einen Ausbildungsplatz garantiere. Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles wollte am Nachmittag an einer Kundgebung in Recklinghausen teilnehmen.

Parallel zu den traditionellen Maikundgebungen hat die Polizei in Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen mit einem Großaufgebot Teilnehmer rechter und linker Demonstrationen auseinandergehalten.

In Chemnitz folgten nach offiziellen Angaben rund 1100 Menschen einem Aufruf des parteiübergreifenden Bündnisses «Aufstehen gegen Rassismus». Die AfD hatte dort eine Versammlung mit etwa 500 Teilnehmern angemeldet, es kamen jedoch deutlich weniger. Als Rednerin trat unter anderen die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch auf.

Im vogtländischen Plauen hielt die Polizei Hunderte Gegendemonstranten und einen Aufmarsch der rechtsextremen Partei Der Dritte Weg auf Abstand. Nach ersten Schätzungen der Polizei beteiligten sich etwa 300 Menschen an der Versammlung der Rechten.

In Dresden wollte die rechtsextreme NPD zusammen mit ihrer Jugendorganisation 300 bis 400 Menschen auf die Straße bringen, es kamen jedoch lediglich 150 bis 200. Immer wieder hielten Sitzblockaden den geplanten Marsch durch die Innenstadt auf.

Landesweit waren in Sachsen mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei im Einsatz, dazu war Verstärkung aus Sachsen-Anhalt und Bayern angefordert worden.

In Thüringens Hauptstadt Erfurt blockierten etwa drei Dutzend Menschen sitzend eine Demonstrationsstrecke der AfD. Die Polizei forderte die Teilnehmer mehrfach auf, die Strecke zu räumen, und begann dann, die Menschen wegzutragen. Zuvor waren Polizisten bereits mit Reizgas eingeschritten, als Gegendemonstranten versuchten, in Richtung der AfD-Strecke zu laufen.

In Duisburg sprach die Polizei von einem «insgesamt ruhigen Auftakt» einer Demonstration der Partei Die Rechte sowie von Protesten dagegen. Zur Demonstration der Rechten wurden bis zu 500 Menschen erwartet, zu den elf Gegenveranstaltungen bis zu 5000.

Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen